Wieken-Verlag Autorenservice Autoren,Lernen Kann man Kreativität lernen? – 6 Überlegungen für ein schöpferisches Leben

Kann man Kreativität lernen? – 6 Überlegungen für ein schöpferisches Leben

 Das Wort Kreativität geht auf das lateinische Verb creare = erschaffen zurück. Es beschreibt die Fähigkeit, neue Gedanken und Ideen zu entwickeln oder zu erkennen, die helfen, Probleme zu lösen oder Ideen und Werte anderen mitzuteilen.

Was wir uns unter Kreativität vorstellen und wie wir uns damit behindern

Einige Mythen ranken sich um die Kreativität. So glauben viele Menschen, nur junge Leute, nur risikofreudige Personen, nur besonders intelligente Denker könnten in Abgeschiedenheit kreative Leistungen erbringen. Kreativität gilt als ungesteuert und unkontrollierbar, von daher ist sie nicht zuverlässig abrufbar und eher Glücksfall als Werkzeug. Künstler dürfen kreativ sein, bei anderen Berufsgruppen zweifelt man an der Notwendigkeit von Kreativität.

Diese Vorstellungen von Kreativität schließen viele Menschen aus, wenn nach den kreativen Köpfen einer Gruppe gesucht wird. Aber Menschen stehen sich auch selbst im Weg und nehmen Möglichkeiten nicht wahr.

Beispielsweise verweigerte ein Teilnehmer, von der Ausbildung her Ingenieur, in einem meiner Sprachkurse die Teilnahme an einer Übung, bei der jeder sein Traumhaus beschreiben sollte. Es war wohlgemerkt eine sprachliche Übung, bei der das Vokabular aus den Bereichen Haus und Möbel verfestigt werden sollte. Der Teilnehmer meinte, er könne die Aufgabe nicht erledigen, denn er sei Realist und nicht kreativ. Andere Ingenieure in der Gruppe fühlten sich kreativ genug, ein Traumhaus zu entwerfen. Vielleicht stellte sich in ihrem Denken das Problem nicht.

Ich glaube, darin steckt der Kern der Unsicherheit vieler. Kreative Leistungen müssen großartig sein und dürfen nur in großartigen Zusammenhängen erwartet werden. So viel Großartiges fordert uns jedoch im Alltag nicht heraus, stattdessen viele kleinere Probleme. Vor solchen Problemen fürchten Menschen sich normalerweise nicht. Sie suchen nach Lösungsmöglichkeiten und finden sie meistens. In solchen Situationen denken sie nicht an Kreativität, handeln jedoch kreativ. Kommt dann eine Vorgesetzte oder ein Lehrer und verlangt Kreativität, tritt eine geistige Schreckstarre ein. Der aufgebaute Druck ist zu hoch. Nichts geht mehr, erst recht keine Kreativität.

Der schöpferische Freiraum – Kreativität als Gewohnheit

Dieser Post ist überschrieben mit der Frage Kann man Kreativität lernen? Die Antwort ist darauf ist nicht eindeutig. Stellen wir eine andere Frage wie Kann man Potenzrechnung lernen? Die Mehrheit der Leser wird vermutlich nicken und eine Vorstellung von den Leistungen haben, die man erbringen muss, um sich die Potenzrechnung anzueignen und schließlich zu beherrschen. Wenn jemand von sich sagt, er möchte die Potenzrechnung beherrschen, kann dies bedeuten, der Weg zur Beherrschung, nämlich der Prozess der Aneignung, sollte im Idealfall übersprungen werden. Geht nicht, werden die Meister der Potenzrechnung sagen. Ohne Fleiß kein Preis. Ätsch.

Vergleichbar ist es mit der Kreativität. Niemand kann spontan entscheiden, fortan kreativ zu sein. Es muss eine Basis geben, auf der kreatives Handeln möglich wird. Diese Basis kann man sich aneignen und gegebenenfalls an eigene Kinder und Schüler oder Studenten weitergeben. Es müssen Gewohnheiten entwickelt werden, die als Grundlage oder Rahmen dienen können:

1. Klein anfangen

Niemand beginnt seine Karriere mit einem Meisterwerk. Die Preise für Erstlingswerke sind nie für erste Versuche, es sind Preise für das erste von Verlagen akzeptierte Buch, für die erste Veröffentlichung unter diesem Namen. Dahinter liegen Berge an zerknittertem Papier, eselsohrigen Manuskripten und Standardabsagen, kurz Jahre harter Arbeit.

Es schmerzt oft einzusehen, dass ein erster Versuch wahrscheinlich peinlich enden wird. Versuchen Sie nicht, Ihre Vorbilder nachzuahmen. Beschränken Sie sich auf das, was Sie haben und was Sie jetzt können. Arbeiten Sie damit. Malen Sie in einer Farbe. Schreiben Sie mit einem Grundwortschatz alltäglicher Wörter. Kochen Sie mit möglichst wenig Zutaten.

2. Fantasie und Offenheit

Beschränkungen fordern heraus. Suchen Sie Lösungen. Fragen Sie Was wäre wenn? und Was passiert dann? Probieren Sie es aus und setzen Sie sich mit dem tatsächlichen Ergebnis auseinander. Diskutieren Sie Ihre Fragen und Ihre Ergebnisse. Greifen Sie neue Ideen auf, auch solche, die auf den ersten Blick nichts mit Ihrer Arbeit zu tun haben.

3. Durchhaltevermögen

Eine Goldmedaille gewinnt niemand nach der Anmeldung zum Training. Eine Goldmedaille ist der Lohn für harte Arbeit über einen langen Zeitraum, oft unter schlechten Bedingungen. Die hundert Seiten, die Sie in der Kladde mit der süßen Katze auf dem Umschlag geschrieben haben, sind der erste Versuch. Sie merken schon beim Durchlesen, dass zwischen Seite eins und Seite hundert eine Entwicklung Ihrer Fähigkeiten in Gang gekommen ist. Diese Entwicklung müssen Sie aufrechterhalten, indem Sie weiterschreiben, neu entwickeln, was Sie schon niedergeschrieben hatten, Altes aufgreifen und mit Neuem verbinden. Die dazu notwendige Zeit dürfen Sie sich geben. Es ist Ihre Entscheidung.

4. Technische und fachliche Fähigkeit

Je mehr Sie sich mit einem Gegenstand befassen, desto mehr durchdringen und durchschauen Sie ihn. Ihr erster Hefeteig produzierte einen schwarzen Stein, den Sie immer noch als Briefbeschwerer verwenden, inzwischen sind Sie in der Nachbarschaft bekannt für die leckersten Partybrötchen, außen knusprig, innen locker. Seit dem Zufallsbriefbeschwerer haben Sie über vierhundert Hefeteige angesetzt, Sie wissen, worauf Sie zu achten haben. Klagt Ihnen ein Freund, dass seine Brötchen sich allenfalls als Murmeln eignen, stellen Sie einige Fragen und führen ihn auf den Weg zum essbaren Gebäck. Wie konnte es dazu kommen? Nun, Sie haben Ihre fachlichen und technischen Fähigkeiten entwickelt und sich eine breite Auswahl an verschiedenen Methoden angeeignet.

5. Kritik und Beeinflussung

Hören Sie sich an, was andere zu Ihrem fertigen Werk zu sagen haben, aber lassen Sie sich nicht in Ihre Arbeit hineinreden. Stehen Sie zu sich und zu Ihrem Werk. Möglicherweise gibt es berechtigte Kritik, die Ihnen weiterhilft. Anregungen von außen sind neue Ideen, die können wir alle gut gebrauchen. Aber schließen Sie nicht aus, dass hinter abwertendem Fachjargon Neid und auch Angst lauern. Neue Ideen verändern schon vor ihrer Umsetzung das Gewohnte. Neue Ideen sind die Saat für Zweifel. Sie sind eine potentiell gefährliche Person geworden, so mancher möchte Sie mundtot machen und Ihre Arbeit kleinreden.

6. Der richtige Rahmen

Geben Sie sich und Ihrer Arbeit einen Rahmen. Sie merken schnell, unter welchen Bedingungen Sie am besten arbeiten. Vielleicht muss eine Kerze brennen, vielleicht hören Sie laute oder ganz leise Musik, vielleicht benötigen Sie Stille. Möglicherweise brauchen Sie für verschiedene Arbeitsschritte verschiedene Umgebungen. Geben Sie sich diesen Rahmen, aber machen Sie sich nicht abhängig davon. Wenn Sie merken, dass eine Routine Sie einengt, ändern Sie sie.

 

 

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