Listen sind in unserer Welt allgegenwärtig. Wir schreiben Einkaufslisten, schauen auf die Bestenlisten von Büchern oder Filmen, wollen wissen, was die beliebtesten Nudelsoßen sind und welche die preiswertesten Stromanbieter. Außerdem haben wir das fürchterliche Wort „To-Do-Liste“ eingeführt, damit wir einen englischen Ausdruck für ein simples Instrument haben, mit dessen Hilfe wir am Schreibtisch oder im Leben den Überblick zu behalten hoffen.
Listen – Das Unendliche fassbar machen
Listen gab es bereits in alten Kulturen. Umberto Eco hat sich unter anderem mit den Listen beschäftigt. In einem Interview mit Spiegel Online am 02.11.2009 betont er, dass Listen als Versuch gesehen werden können, das Unendliche fassbar zu machen. Ähnlich ist ein Tagebucheintrag von Susan Sontag aus dem Jahr 1967 zu verstehen. Dort schreibt sie, dass Dinge nur existieren, indem sie ihr Interesse für sie bekundet und zumindest ihre Namen aufschreibt. 1977 legte Sontag ausführliche Listen über ihre Vorlieben und Abneigungen an. Lynore Avery illustrierte diese Vorlieben.
Listen ordnen und sind objektiv, oder?
Reduziert auf unseren Alltag lässt sich dies anhand der Einkaufsliste nachvollziehen. Aus all meinen Bedürfnissen wähle ich die aus, die ich glaube zu benötigen und die ich hoffe, bezahlen zu können. Ich schreibe sie auf eine Liste. Aus der Unendlichkeit der Nudelsoßen benenne ich eine mit dem Namen ihrer Marke. Damit mache ich sie real:
Einkaufsliste
- Tomaten
- Brot
- Seife
- Zahncreme
Wenn Sie schon einmal mit der Einkaufsliste einer anderen Person durch einen Supermarkt geirrt sind, wissen Sie um die Subjektivität einer scheinbar objektiven Liste. Was bedeutet „Zahncreme“? Dahinter verbirgt sich ein konkretes Produkt einer bestimmten Marke. Wehe, Sie bringen die falsche „Zahncreme“ mit!
Überleben am Schreibtisch
Listen sind leicht lesbar, wir können ihren Inhalt schnell erfassen und weiterverarbeiten. Wesen einer Liste ist, dass die aufgeführten Objekte Ähnlichkeiten miteinander haben und in Zusammenhang stehen. Legen wir eine Liste an, zwingen wir unsere Gedanken in eine bestimmte Richtung. Wir sehen auf die Gemeinsamkeiten. Die können darin bestehen, dass Dinge erledigt oder gelernt werden müssen oder eine bestimmte Farbe haben.
Die To-Do-Listen sollen uns helfen, den Kopf frei zu bekommen für wichtige Dinge. Gleichzeitig erhalten die aufgelisteten Punkte größere Wichtigkeit. Das ist ein wenig wie ein Vertrag mit uns selbst, unsere Selbstverpflichtung. Für Autoren könnte eine solche Liste so aussehen:
- Hintergrundinformationen zu Mode 1920er Jahre recherchieren
- Welche Musik 1925?
- Gab es Kompaktpuder?
- Kapitel Berlin schreiben
- bei Korrektur auf Lieblingsfehler achten!!!
- Lektorin anrufen
Wir müssen jetzt nicht mehr daran denken, dass wir noch klären müssen, ob es in den 1920er Jahren Kompaktpuder gab. Es steht auf der Liste und im Rahmen des Recherchierens arbeiten wir auch diesen Punkt ab und setzen ein Häkchen dahinter.
Laut karrierebibel.de nutzen To-To-Listen den Zeigarnik-Effekt. Danach können wir uns besser an unerledigte Aufgaben erinnern als an solche, die bereits abgeschlossen sind. Allerdings konnten die Ergebnisse von Zeigarniks Versuchen nicht immer wiederholt werden.