Menschen kommunizieren mit Worten, doch Worte sind oft nur die Haut auf der Oberfläche warmer Milch. Unter der Haut bewegt sich etwas, und wir wissen, was das ist. Aber wir sprechen es nicht aus. Subtext umfasst die Dinge, die wir meinen, aber nicht sagen. Und wer uns zuhört, weiß oft, was wir sagen wollen. Unseren Charakteren geht es genauso.
Wie funktioniert Subtext?
In Dialogen sprechen Charaktere nicht immer aus, was sie wirklich meinen. Im Idealfall wissen alle am Gespräch Beteiligten, dass sie etwas anderes meinen. Aber wie im richtigen Leben ist das nicht immer der Fall. Das führt zu Missverständnissen, die wiederum Konflikte in der Handlung verstärken.
Wenn in einem Restaurant zwei Männer Fotos wie Skat-Karten auf den Tisch werfen und sagen „Meine Frau, mein Auto, mein Haus, mein Boot“, ist das vordergründig eine Information, was auf den Bildern zu sehen ist. Darunter liegt das Bedürfnis zu zeigen, was sie erreicht haben. Der Subtext dieser Aufzählung ist „Ich bin besser als du“.
Beide Männer wissen, was sie dem anderen sagen wollen und was der andere sagen will. Keiner von beiden würde zugeben, weniger erfolgreich in materiellen Dingen zu sein. Einer von beiden, vielleicht sogar beide, könnte sich später selbst vorwerfen, weniger erreicht zu haben. Diese vermeintliche Niederlage muss gerächt werden.
Nicht immer ist die Situation so klar. Besonders wenn sich Charaktere nahestehen und dennoch eine Abgrenzung suchen, kann jedes Wort falsch verstanden werden.
Hinter der Frage der Mutter an ihre Teenager-Tochter „Wo willst du jetzt noch hin?“ verbergen sich andere Fragen. Dahinter kann sich Sorge verstecken (Es kann dir etwas passieren.), Vorwürfe (Du vergeudest deine Zeit.), Angst (Du liebst andere mehr als mich.). Die Tochter ihrerseits erkennt, dass da ein Subtext ist. Sie vermutet aber andere Beweggründe hinter der Frage (Du willst mich kontrollieren, du gönnst mir keinen Spaß, du bist neidisch auf meine Jugend.) Konflikte sind vorprogrammiert.
Warum Dialoge hintergründig schreiben?
Subtext zu schreiben, macht Spaß. Das ist ein nicht zu verachtender Grund, ihn zu verwenden. Aber auch die Leser*innen profitieren von den Bedeutungsebenen der Dialoge. Neben Konflikten kann Subtext Spannung, aber auch Humor in die Handlung bringen. Es können Fragen nach den wahren Absichten eines Charakters aufgeworfen werden, oder Hinweise gestreut, was später eventuell passieren könnte.
Die Leser*innen befinden sich in der glücklichen Situation, von den Konflikten und Drohungen nicht persönlich betroffen zu sein. Sie können verfolgen, was sich zwischen den Charakteren entspinnt, und rätseln, was in den Dialogen gemeint oder auch nicht gemeint ist.