Plotten — ein Strategiespiel?

Strategiespiel

In einem Kommentar auf einem Blog las ich, dass die Person ihre Bücher nicht plant, sich auch keine Gedanken macht, sondern einfach schreibt. Vielleicht hat diese Person nicht gemerkt, dass sie plant, weil sie so viel Spaß dabei hatte zuzusehen, wie Charaktere durch die Handlung wandern und versuchen, ihre Ziele zu erreichen. Der Spaß beim Schreiben, den viele Schreibende empfinden, kommt daher, dass das Zusammensetzen einer Geschichte aus Abermillionen Ideensplittern ein Spiel ist, ein Strategiespiel.

Wer spielt mit wem?

Spielen kann man alleine oder mit anderen Personen. Wenn wir das Plotten als Spiel verstehen, müssen wir fragen, wer die Teilnehmenden an diesem Spiel sind. Da kommen nur die Autor*innen und die Leser*innen infrage. Letztere sind während des Plottens gar nicht anwesend. Sie kommen später hinzu.

Autor*innen und Leser*innen kommen zu unterschiedlichen Zeiten zu dem Buch. Wenn die Leser*innen lesen, sammeln sie Informationen über die Charaktere und die Handlung und bauen in ihren Köpfen das zusammen, was sie als das Buch bezeichnen. Die Informationen haben die Autor*innen lange zuvor zurechtgelegt. Es ist ihre Aufgabe, alles Wissenswerte über die Charaktere, ihre Vorgeschichte und ihre Ziele, die Handlungsorte und deren Geschichte so zu platzieren, dass die Leser*innen etwas konstruieren können, das den Bildern in den Köpfen der Autor*innen nahekommt. Bei diesem Strategiespiel dürfen die Autor*innen falsche Fährten legen oder unnötige Details ausbreiten, in der Hoffnung, dass sie Leser*innen die wichtigen Details entdecken und den richtigen Spuren folgen.

Ist es zu leicht, den Hinweisen zu folgen, langweilen sich die Leser*innen. Ist es zu kompliziert, geben sie auf.

Das Strategiespiel spielen. Oder schreiben?

Bewusst oder unbewusst planen Autor*innen ihr Buch. Vielleicht ist einigen nicht klar, was sie tun, wenn sie während des Haarewaschens Pläne für ihre Charaktere schmieden. Andere, die sich mit Mindmaps und Storyboards hinsetzen und Ereignisse an einem Zeitstrahl notieren, sind sich vielleicht zu sehr bewusst, dass sie planen. Alle haben jedoch eine Fülle von Einzelinformationen, die sie ihren Leser*innen präsentieren. Das Katz-und-Maus-Spiel mit den Leser*innen beginnt spätestens bei der Überarbeitung, wenn Szenen, Beschreibungen und Dialoge in eine Form gebracht werden, die in präziser Dosierung Hinweise über die Charaktere und ihre Entscheidungen geben. Die Freude beim Ausgeben der Hinweise sollte nach Möglichkeit genauso groß sein, wie die Freude beim Lesen und Zusammenführen der Hinweise.

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