Wahrheit und Glaubwürdigkeit sind nicht das Gleiche, aber sie haben eine Schnittmenge. Aus dieser Schnittmenge bedienen sich Autor*innen, wenn sie einen Roman oder einen biografischen Text schreiben. Was bedeutet das für das Schreiben?
Was sind Wahrheit und Glaubwürdigkeit in einem Roman?
Über die Wahrheit haben sich schon viele weise Leute gestritten. Für unsere Zwecke reicht es, wenn wir davon ausgehen, dass Ereignisse und Umstände, die sich beobachten und beweisen lassen, wahr sind. Natürlich gibt es immer Zweifler, aber das macht die Erde trotzdem nicht zu einer Scheibe.
Glaubwürdig hingegen sind Schilderungen und Erklärungen, denen wir Glauben schenken, obwohl es keine Beweise gibt. Gute Lügner und Populisten beherrschen die Technik der glaubwürdigen Behauptungen — zumindest in den Augen ihrer Anhänger.
Das heißt, dass Menschen beweisbare Umstände anzweifeln und nicht bewiesenes glauben können.
Was braucht ein glaubwürdiger Text?
In biografischen Texten kann diese Fähigkeit der Menschen zu Problemen führen, denn Ereignisse im privaten sind oft nur wenigen Beteiligten bekannt, aber passiert. Außenstehende, und das sind Lesende immer, wissen nichts von den tatsächlichen Ereignissen und zweifeln sie an, weil sie nicht ihren Erfahrungen und ihrem Weltbild entsprechen. Das passiert beispielsweise, wenn es um Missbrauch durch populäre Personen geht.
Auch in Romanen gibt es immer wieder Szenen, die Lesende für unglaubwürdig halten. Die geschilderten Ereignisse entsprechen nicht ihren Erfahrungen und Erwartungen, deshalb kritisieren sie das Buch oder das Manuskript.
Das ist ärgerlich und verletzend, denn in einem Roman stecken nicht nur viel Arbeit, sondern auch viele persönliche Beobachtungen und Erfahrungen. Kritik am Text ist damit immer auch Kritik an der schreibenden Person.
Zweifler lassen sich niemals alle überzeugen. Dennoch können wir in unseren Texten einen Rahmen errichten, innerhalb dessen Ereignisse glaubwürdig erscheinen. Das ist mit Sicherheit ein Aspekt, der sich durch die Überarbeitungen zieht und auch mit der Hilfe von Testlesenden überprüft werden sollte.