Fehler machen wir alle. Davon ausgenommen sind weder Dinge, die uns wichtig sind, noch unsere beruflichen oder kreativen Projekte.
Aus Fehlern können wir lernen. Dazu müssen wir uns jedoch bewusst machen, dass wir Fehler machen und welche Fehler das sind. Indem wir unsere Manuskripte auf Fehler und Schwachstellen untersuchen und diese beheben, verbessern wir nicht nur das vorliegende Manuskript. Wir lernen für den nächsten Text.
Fehler 1: Ungeduld oder „Das Manuskript kann nicht länger warten“
Wer schreibt, möchte auch, dass andere den Text lesen und bewundern. Möglichst bald sollen möglichst viele Personen das fertige Buch in Händen halten dürfen.
Der Wunsch ist nachvollziehbar. Leider führt er oft dazu, dass Texte, die noch nicht reif für die Veröffentlichung sind, an Agenturen und Verlage verschickt oder selbst veröffentlicht werden.
Ein erster Entwurf eines Texts kann nicht gut sein. Beim Schreiben durfte die Fantasie Blüten treiben, durfte die verschiedensten Windungen ausprobieren. Diesen wilden Busch an Wörtern nur auf Rechtschreibfehler durchzugehen und den einen oder anderen Satz umzustellen, genügt nicht.
Die Manuskripteinreichung kann warten, denn Ungeduld führt unter Garantie zu Absagen und Enttäuschung. Denken Sie daran:
- Die Überarbeitung des Textes ist auch kreativ.
Fehler 2: Hetze oder „Ich sprudle über vor Kreativität“
Lassen Sie sich Zeit. Legen Sie Ihr Manuskript eine Weile beiseite, einige Woche sollten es sein. Lesen Sie es danach durch. Wahrscheinlich stehen Ihnen die Haare zu Berge. Es ist Zeit für das Überarbeiten.
Wenn Sie vor oder während des Schreibens keinen Ablaufplan der Handlung angelegt haben, tun Sie es jetzt. Verzeichnen Sie
- jede Szene,
- den Zeitpunkt der Szene,
- die beteiligten Personen,
- die Perspektive,
- den Inhalt.
So gewinnen Sie eine Übersicht darüber, wer was wann tut. Sie erkennen,
- wie fremde Augen den Handlungsablauf wahrnehmen,
- ob Szenen verschoben werden können oder sogar sollten,
- ob Leser Informationen in einer nachvollziehbaren Reihenfolge erhalten,
- ob und wie sich ein Spannungsbogen entwickelt.
Seien Sie kritisch mit Ihrem Text. Schonen Sie auch Ihre Charaktere nicht. Manchmal müssen einige von ihnen gehen, manchmal braucht es einen neuen Charakter.
Lassen Sie Ihr Manuskript danach wieder ruhen, ehe Sie weiter daran arbeiten. Beschäftigen Sie sich mit anderen Projekten, lesen Sie viel, sammeln Sie neue Eindrücke. Mit diesen neuen Eindrücken setzen Sie sich dann an wieder an Ihr Manuskript.
Fehler 3: Geistige Völlerei oder „Alle meine Ideen müssen in den Text“
Gelegentlich liest man im Feuilleton von der komplexen Handlung und fantasievollen Sprache eines Romans. Das kann einfach heißen, dass der überarbeite Rezensent den Überblick verloren hat, es aber nicht zugeben wollte. Es kann aber auch sein, dass der Roman ein Meisterwerk ist.
Es gibt Autoren, die können den Leser sicher entlang verschlungener Handlungsfäden führen und ihn gleichzeitig mit üppiger Sprache betören. Stellen Sie sich so einen Text wie einen Garten vor, der von geschickter Hand angelegt und in die Üppigkeit hinein gepflegt wurde. Sogar so ein üppiger Text wurde mancherorts beschnitten, damit an anderer Stelle die Fantasie besonders gut zur Geltung kommen kann.
Streichen Sie Textstellen, entfernen Sie Handlungsstränge, töten Sie Charaktere. Stutzen Sie Ihren Text in einem Arbeitsgang zurück. Arbeiten Sie im nächsten Arbeitsgang die Schnitte glatt oder führen Sie neue Verbindungen ein.
Wenn Sie Skrupel vor radikalen Schnitten haben, lagern Sie die gestrichenen Textstellen in eine andere Datei aus. So sind sie nicht verloren, und Sie können sich davon weiter inspirieren lassen.
Fehler 4: Stolz oder „Ich kann das alleine“
Eines müssen Sie akzeptieren: Sie sind blind für viele Schwachstellen Ihrer Texte. Holen Sie sich Hilfe. Wenn Sie meinen, dass eine Bearbeitungsphase Ihres Textes abgeschlossen ist, geben Sie das Manuskript zu Testlesern oder einer Lektorin. Sammeln Sie Meinungen, Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Geben Sie Ihren Testlesern eine Übersicht an die Hand, der sie entnehmen können, worauf sie achten sollen.
Überdenken Sie die Rückmeldungen zu Ihrem Text:
- Äußerungen wie „Totale Scheiße“ dürfen Sie ignorieren. Die haben nichts mit Ihrer Arbeit zu tun und verfolgen nur den Zweck, Sie zu verletzen. (Als Testleser nicht mehr auswählen)
- Seien Sie vorsichtig mit überbordendem Lob. Sie hören es mit Sicherheit gern, aber hilft es Ihnen weiter?
- Achten Sie auf Textstellen, die Ihren Testlesern unklar sind.
- Achten Sie auf Wörter, die Ihre Testleser nicht kennen.
- Setzen Sie sich mit den Fragen auseinander, die sich Testlesern bei der Lektüre stellen.
Fehler 5: Faulheit oder „Das ist schon in Ordnung so“
Begnügen Sie sich nicht mit einer guten Idee, die Sie lässig zu Papier bringen. Eine DIN A4-Seite ist vielleicht ein Anfang, aber kein ganzes Buch. Auch in Kurzgeschichten steckt viel Arbeit, damit wenige Sätze viel ausdrücken können. Wenn Sie Autor sein möchten, müssen Sie an Ihren Texten arbeiten und sie überarbeiten.
Fehler 6: Neid oder „Ich möchte so schreiben wie der“
Wer kreativ ist, zweifelt an sich und an seiner Arbeit. Das ist normal. Anders könnten wir nicht kritisch an unseren Texten arbeiten.
In Phasen der Unsicherheit stellen wir schnell Vergleiche an und entdecken, dass andere Autoren nicht nur viel besser sind als wir, sondern auch noch viel erfolgreicher. Wir neiden anderen den Erfolg und glauben, wenn wir so spannend, witzig, erotisch oder intelligent schrieben wie diese Erfolgreichen, kämen wir zu dem gleichen Erfolg.
Vergessen Sie nicht:
- Zu Erfolg gehört neben harter Arbeit auch immer Glück.
- Sie können zwar andere kopieren, haben aber keine Garantie auf Erfolg.
- Finden Sie Ihre eigenen Stärken und arbeiten Sie an Ihrem persönlichen Stil. Das macht Ihre Texte unverwechselbar.
Fehler 7: Schimpfen oder „Der Idiot hat keine Ahnung!“
Wenn wir unsere kreative Arbeit anderen Menschen zeigen, machen wir uns verletzlich. Wir möchten Kritik haben, wollen aber in Wirklichkeit nur Lob hören, besonders wenn wir dieses nagende Gefühl mit uns herumschleppen, dass unsere Arbeit nicht optimal sein könnte.
Aber wir brauchen die fremde Sicht auf unsere Arbeit, um diese Arbeit weiterentwickeln zu können.
- Zügeln Sie Ihre Wut und bleiben Sie sachlich.
- Hören Sie sich an, was die Kritiker sagen. Versuchen Sie, die kritisierten Textstellen unter diesem Aspekt zu lesen.
- Vergegenwärtigen Sie sich, dass manche Kritiker Sie nur auf den rechten Pfad der Konvention lenken wollen. Überlegen Sie, ob dieser Weg der für Sie richtige sein kann.