Adverbien haben einen schlechten Ruf. Menschen, die Deutsch lernen, klagen über ihre Auswirkungen auf den Satzbau, Muttersprachler an weiterführenden Schulen stöhnen über ihre Vielzahl. Schreibratgeber verteufeln sie geradezu.
Was sind das für Wörter, die sich eines so schlechten Rufs erfreuen?
Die Unbeweglichen
Adverbien gehören zu den wenigen Wörtern in der deutschen Sprache, die sich nicht unter dem Einfluss ihres Bezugsworts verändern. Daher besitzen sie keinerlei Hinweise auf die Anzahl (Numerus), das Geschlecht (Genus), den Fall (Kasus) oder die Zeitform (Tempus) des Bezugsworts.
Die Grammatik ordnet die Adverbien aus diesem Grunde einer „Restklasse“ Wörtern zu, den Partikeln. Zu diesen zählen außerdem die Präpositionen (z. B. an, auf, gegen) und die Konjunktionen (z. B. und, aber, falls).
In Sätzen ergänzen sie oft das Verb:
Gestern habe ich ihn gesehen. Er hat dort gestanden. Er war sehr aufgeregt und rannte schnell davon.
Außerdem ergänzen sie
- Substantive: Die Frau dort hat geschossen.
- Adjektive: Sie fuhr sehr schnell.
- Adverbien: Ich habe sie sehr oft gesehen.
Der Vorwurf gegen die Adverbien
Es gibt viele Adverbien, und ihre Einsatzmöglichkeiten in Sätzen sind vielfältig. Das macht sie bei Menschen, die ihre Systematik und Verwendung lernen müssen oder wollen, unbeliebt. Menschen, deren Ziel es ist, mit der Sprache Bilder zu wecken und Bedeutung zu vermitteln, setzen sie begeistert und manchmal unbedacht ein.
Fasst man die zahlreichen Kritikpunkte zusammen, lautet der wichtigste Vorwurf:
Adverbien schwächen die Verben.
Das mag übertrieben klingen, denn wie sollte eine so flexibel einsetzbare Wortart Verben schwächen?
Beispiele für die Wirkung von Adverbien
Problematisch sind besonders Modaladverbien, denn sie ergänzen die „Art und Weise„, wie eine Tätigkeit ausgeführt oder wie ein Zustand empfunden wird:
Er lief schnell (= mit hoher Geschwindigkeit).
Sie weinte sehr (= eine lange Zeit und ohne Pause).
Das Haus war besonders groß (= größer als die anderen großen Häuser).
Solche Sätze erfüllen ihren Zweck, den Leser zu informieren.
Manchmal reicht diese Information aus, etwa in einem Zeitungsartikel. Bei einigen Zielgruppen, etwa Leseanfänger oder Sprachlernern, wären konkretere Verben eine Überforderung. In wörtlicher Rede können solche Sätze zur Charakterisierung des Sprechenden beitragen.
In erzählenden Texten empfiehlt es sich jedoch, nach einem Verb zu suchen, das die durch das Adverb angezeigte Bedeutung selbst ausdrückt.
Er lief sehr schnell = Er rannte/raste/sprintete.
Sie weinte sehr = Sie hörte nicht auf zu weinen.
Das Haus war besonders groß = Das Haus überragte die anderen Häuser.
Zur Ehrenrettung der Adverbien
Wie oben schon angedeutet sollten Adverbien nicht blind ersetzt werden. Ihre Aufgabe besteht darin, die Bedeutung ihres Bezugsworts zu ergänzen. Diese Aufgabe erfüllen sie. Es sollte jedoch in jedem einzelnen Satz geprüft werden, ob nicht bessere, „schönere“ Formulierungen zur Verfügung stehen.