„Kann man davon leben?“ Glücklicherweise haben mir im Laufe der Jahre verschiedene Menschen diese Frage zu unterschiedlichen Tätigkeiten gestellt, sonst würde ich mich eventuell aufregen. Niemand hat jedoch infrage gestellt, dass Unterrichten, Ausbilden oder Verlegen etwas mit Arbeit zu tun hat, wenn auch nicht unbedingt mit „richtiger“ Arbeit. Schreiben ist dagegen in den Augen vieler wohlmeinender Frager keine Arbeit. Man sitzt still am Schreibtisch und es kommt nichts Nützliches dabei heraus, nur ein Buch.
Die Einschätzung des Schreibens als „irgendwie keine richtige Arbeit“ hat Folgen für Autoren. Üben sie neben ihrer Autorentätigeit einen anderen Beruf aus, ist das der Beweis für ihre Umwelt, dass Schreiben nur eine Nebensache ist. Nebensachen haben keine Priorität, sie können auch einmal ausfallen, wenn richtige Arbeit ansteht oder die Familie das verlangt. Wenn die Kinder rufen oder der Partner Hunger hat, der Chef nervös wird oder die Kollegin Grippe hat, hat das wichtiger zu sein. Meistens nehmen Teilzeit-Autoren es auch wichtiger.
Besonders schwierig ist die Situation für Menschen, die sich gerade erst als Autoren finden. Anders als Sportler oder Musiker, Maler oder Tänzer machen Autoren nichts, was ihr Umfeld mit Begeisterung beobachten könnte. Autoren schreiben. Sie starren auch manchmal blicklos in die Luft. Sie recherchieren. Weil Recherche heute oft im Internet geschieht, liegt es für Außenstehende nahe, dass Autoren die Zeit verdaddeln. In dem Fall könnten sie auch Fußballspielen. Sport ist sowieso besser für den Rücken.
Hinzu kommt, dass zahlreiche bekannte Autoren nie genug Geld mit ihrem Schreiben verdient haben, um sich ganz dieser Arbeit widmen zu können.
So darf es nicht wundern, wenn Autoren ihr Schreiben als Hobby bezeichnen. Besonders auffällig ist das bei Twitter, wenn man die Profile der Follower nebeneinander sieht und feststellt, dass jeder dritte schreibt und davon wenigstens einer Schreiben als Hobby bezeichnet. Manchmal tun das sogar Autoren, die bereits Bücher veröffentlicht haben. Es scheint, als wäre es ihnen peinlich, diesen Schritt gegangen zu sein. Als ob ihr Hobby ihnen nicht genug wäre.
Vielleicht liegt es an der deutschen Mentalität, dass Autoren, die andauernd, zumindest für sie wichtige Fragen wälzen, so ernst aussehen. Würden sie zugeben, dass ihnen ihr Schreiben gefällt, dass es ihnen Möglichkeiten eröffnet, die Welt aus anderen Blickwinkeln zu sehen und sie diese anderen Sichtweisen genießen, würde ihnen kaum jemand glauben, dass Schreiben Arbeit ist. Freude hat mit Arbeit nichts zu tun. Was Freude macht, muss ein Hobby sein. Oder?