Zum Jahresbeginn sind die guten Vorsätze für das Jahr noch frisch und leuchtend. Viele von uns haben sich bestimmt vorgenommen, mehr und regelmäßiger zu schreiben. Dabei erscheint mir eine Frage so wichtig, dass wir sie uns immer wieder stellen sollten. Warum schreiben wir?
Was ist Schreiben für mich?
Es ist nicht nur eine überflüssige Nabelschau, wenn wir uns überlegen, was uns eigentlich antreibt zu schreiben. Für viele Menschen ist Schreiben eine lästige Pflicht, eine selbstverständliche Kulturtechnik, die sie ohne lange nachzudenken anwenden. Lange Texte zu schreiben oder gar sprachlich hoch konzentrierte Poesie, erscheint schwierig und zugleich langweilig.
Wer so denkt, wird wahrscheinlich niemals den Wunsch verspüren, schreibend eine Welt zu erschaffen.
Für Menschen, die das Schreiben für sich entdeckt haben, ist es jedoch selbstverständlich geworden, mit Wörtern und Worten eine andere Wirklichkeit zu errichten. Doch sind die anderen Wirklichkeiten tatsächlich das Ziel? Ist das Errichten dieser neuen Wirklichkeiten vielleicht eine Methode, die eigenen Gedanken zu klären? Dann wären die Geschichten, die wir um unsere Charaktere weben, Versuche, persönliche Fragen zu beantworten.
Nicht nur zum Jahresbeginn
Nicht nur zu Beginn eines Jahres, sondern zu jedem anderen Zeitpunkt kann der Blick auf die eigene Motivation und die eigene Schreibpraxis helfen.
Schreibe ich, um mich und meine Umwelt zu verstehen? Schreibe ich, weil ich eine Situation nicht mehr ertragen oder nicht mehr hinnehmen will? Weil ich Lösungen suche? Weil ich verstehen will, wie ein Problem entstanden ist, was es aufrechterhält und wie ich es lösen könnte?
Wenn ich mich mit so grundlegenden Fragen auseinandersetze, muss ich auch überlegen, ob meine Herangehensweise an das Schreiben mir und der Qualität meiner Texte guttut. Muss ich mich zwingen oder fällt es mir leicht, regelmäßig zu schreiben? Akzeptiere ich, dass es gute und produktive Schreibtage gibt und solche, an denen mir das Schreiben schwerfällt und ich keine Worte für meine Gedanken finden kann?
Muss ich lernen, mir selbst zu verzeihen, dass ich nicht jeden Tag bereit bin zu schreiben? Kann ich akzeptieren, dass ich einen Schreibrhythmus habe, der nicht nur aus Schreibtagen besteht? Erlaube ich mir, auch weniger gute Sätze aufzuschreiben, weil ich weiß, dass ich jeden Satz und jedes Wort noch viele Male überarbeiten werde?
Die Antworten sind individuell. Sie sind die Trittsteine durch ein neues Lebens- und Schreibjahr.