Beta-Leser oder Test-Leserinnen sind die erste Stufe der Öffentlichkeit für ein Manuskript. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie mit dem Lesen beginnen, gab es nur uns und das Manuskript. Alle Probleme und alle Entwicklungen waren privat. Nun dürfen fremde Augen das Manuskript lesen, und hinter diesen Augen bildet sich eine fremde Meinung über den Text. Diese Meinung ist wichtig für die weitere Entwicklung des Texts. Damit der Einsatz von Testleser*innen möglichst effektiv verläuft, sollten wir ihn gut vorbereiten.
Beta-Leser und Test-Leserinnen opfern ihre Zeit
Wir müssen uns klar vor Augen führen, was wir unseren Bekannten abverlangen, wenn wir sie als Beta-Leser und Test-Leserinnen heranziehen. Wir verschenken kein Buch, wir legen ihnen ein bestenfalls halbgares Manuskript vor. Darin stecken Rechtschreibfehler, zerhackte Sätze, inhaltliche Ungenauigkeiten, schlecht herausgearbeitete Ideen, unterentwickelte Charaktere und wahrscheinlich noch viel Schlimmeres. Vor den Test-Leser*innen liegt keine genüssliche Lektüre, sondern eine Auseinandersetzung mit einem Text, der noch ein Buch werden möchte.
Das müssen die Test-Leser*innen verstehen. Aber wir müssen es auch verstehen, denn wir verlangen, dass diese Leute ihre Freizeit opfern und uns schonend beibringen, was wir noch unbedingt verbessern müssen, ehe eine Veröffentlichung überhaupt ins Auge gefasst werden kann.
Es ist unsere Aufgabe, die Test-Leserinnen zu unterstützen.
- Wir müssen ihnen erklären, was genau wir eigentlich erwarten. Ein kleiner Leitfaden mit Hinweisen, worauf die Beta-Leser und Test-Leserinnen achten sollten, kann hilfreich sein. Gleichzeitig ist es nur fair darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung, welche Vorschläge übernommen werden, allein bei uns liegt.
- Dieses zusätzliche Lesen und Überlegen braucht Zeit. Deshalb sollten wir mit jeder Person absprechen, wie viel Zeit sie erübrigen kann. Die Zeit bis zum Feedback sollte großzügig bemessen sein. Das hält uns nur auf den ersten Blick von weiterer Arbeit ab. Während der Text gelesen wird, reift er auch in unserem Kopf. Wir gewinnen Distanz und können uns offener mit den Anmerkungen auseinandersetzen.
- Arbeit braucht Lohn, besonders wenn die Test-Leser*innen ihre Freizeit opfern. Wir müssen bereit sein, eine Gegenleistung zu erbringen.
Nach dem Test-Lesen
Nach dem Test-Lesen müssen wir uns eine Übersicht über die Anmerkungen und geäußerten Meinungen verschaffen, indem wir alle Informationen zusammenführen. Auch dafür sollten wir ausreichend Zeit veranschlagen. Danach können wir mit der Auswertung beginnen.
- Wenn sich Anmerkungen zu einem Teil der Handlung oder einem Charakter häufen, ist das ein Hinweis auf Schwächen im Manuskript.
- Auch ein einzelner Hinweis kann auf Schwächen oder Entwicklungspotentiale hinweisen und sollte ernst genommen werden.
- Lösungsvorschläge der Beta-Leser und Test-Leser*innen sollten wir nicht ablehnen. Aber wir sind diejenigen, die den Überblick über das ganze Manuskript haben. Wir müssen eigene Lösungen für Probleme mit dem Manuskript finden und dabei den gesamten Text in allen Aspekten berücksichtigen.
- Der Kontakt des Manuskripts mit fremden Augen und unser Austausch mit den ersten Leser*innen verändert sofort uns und unsere Wahrnehmung des Texts. Wir werden kritischer, was positiv ist. Möglicherweise fühlen wir uns aber auch missverstanden oder von der weiteren Überarbeitung überfordert. Dann sollten wir eine Bestandsaufnahme des Manuskripts machen und versuchen, kleinere Arbeitsaufträge zu formulieren. Diese Aufträge an uns arbeiten wir dann nacheinander ab.