Es ist hilfreich, wenn ein Manuskript vor die Augen von „normalen“ Leser*innen kommt, ehe es veröffentlicht wird. Auf diese Weise können wir herausfinden, wie Menschen, die gerne lesen, aber nicht professionell lesen, ein Buch erleben und verstehen. Gute Beta-Leser und -Leserinnen sind Gold wert. Damit sie (und wir) ihr volles Potenzial ausschöpfen können, muss ihre Aufgabe klar sein.
Gute Beta-Leser und -Leserinnen gut auswählen und gut vorbereiten
Das Adjektiv gut kommt in dieser Überschrift dreimal vor. Ein gutes Ergebnis ist nun einmal von einer guten Vorbereitung abhängig. Alle Beteiligten, Autor*innen wie Leser*innen, sollten sich bewusst sein, worauf sie sich einlassen und unter welchen Bedingungen gelesen wird.
Bei der Auswahl ist es wichtig, dass die Leser*innen bereit sind, ein Buch zu lesen, wenn es noch nicht perfekt ist. Sie müssen verstehen, dass ihre Anmerkungen das Buch noch verändern werden, sie also Teil eines Entwicklungsprozesses sind. Das beugt Enttäuschungen vor.
Wir Autor*innen sollten bei der Auswahl der Test-Leser*innen bedenken, dass wir es niemals allen Lesenden recht machen können. Damit wir nicht Gefahr laufen, uns zwischen vielen Meinungen zu zerreiben, sollten wir nur wenige Testleseexemplare ausgeben. Drei bis fünf ist genug.
Wer ein Buch als Testperson liest, sollte das Genre gerne lesen und gut kennen. So können wertvolle Einsichten gewonnen werden. Test-Leser*innen sollten nicht unter Zeitdruck lesen müssen. Es ist unhöflich, ihnen zu einem stressigen Alltag noch eine zeitraubende Aufgabe aufzubürden. Deshalb spielen Grammatik und Orthografie beim Testlesen eine ganz kleine Rolle, die Geschichte und die Charaktere eine ganze große.
Gute Beta-Leser und -Leserinnen merken Kritik und Lob an. Damit sie genau verstehen, was wir von ihnen erwarten, ist es sinnvoll, ihnen eine Check-Liste an die Hand zu geben. Darin können sie festhalten, was ihnen gefällt, was ihnen weniger gefällt, was ihnen unklar erscheint. Die Check-Liste kann auch konkrete Fragen enthalten, die sich für die Autor*innen in den Überarbeitungsphasen ergeben haben. Ganz wichtig ist ein Datum, bis zu dem sie eine Rückmeldung geben sollen.
Was machen gute Beta-Leser und -Leserinnen definitiv nicht?
Test-Lesende sollten weder mit Kritik noch mit Lob geizen. Sie sollten ehrlich sagen, was ihnen nicht gefällt und was sie nicht nachvollziehen können, aber gerne auch anmerken, was ihnen gefällt, wo sie lachen und wo sie weinen mussten. Pauschale Aussagen wie „alles okay“, „das geht schon so“ oder „unverständlicher Mist“ helfen gar nicht und verletzen.
Gar keine Rückmeldung zu geben, ist ebenfalls verletzend.
Wenn Test-Lesende keine Zeit haben, das ganze Manuskript in der vorgegebenen Zeit zu lesen, sollten sie es sagen. Dann ist es immer noch möglich, gemeinsam zu überlegen, ob die Person mehr Zeit bekommen kann oder ob sie dieses Mal besser nicht testliest.
Test-Lesende müssen wissen, dass sie vertrauliches Material in die Hand bekommen. Sie dürfen damit nur nach Absprache mit der Autorin oder dem Autor an die Öffentlichkeit gehen. Öffentlichkeit heißt auch die sozialen Medien.