Viele von uns kennen dieses Zögern, wenn andere Leute unsere Texte lesen möchten. Wir stehen nicht voll hinter unseren Texten, hinter den Geschichten, den Charakteren. Vor allem stehen wir nicht hinter unserer Sprache, der Art und Weise, wie wir die Geschichten erzählen. Wir misstrauen unserer Stimme, empfinden sie vielleicht sogar als peinlich. Wie können wir lernen, selbstbewusst zu schreiben?
Schreiben mit verstellter Stimme
Wenn wir anfangen zu schreiben, wissen wir wenig oder gar nichts über die Mechanik, die Geschichten in Bewegung setzt und in Bewegung hält. Was wir schreiben, ist beeinflusst von den Büchern, die wir gelesen haben. Aber es ist vor allem unsere eigene, unverdorbene oder unverbildete Stimme, die aus den Texten klingt.
Wenn wir weiterschreiben oder nach Jahren das Schreiben wieder aufnehmen, beeinflussen uns all die Informationen, die wir in der Zwischenzeit aufgesogen haben. Wir denken an die Regeln des Schreibens und an das vermeintliche Interesse der Lesenden und an die Erwartungen von Verlagen. Diese Rücksichtnahme auf andere führt oft dazu, dass wir nicht schreiben, was wir schreiben wollten. Und noch öfter schreiben wir nicht so, wie wir die Geschichten in uns gehört haben. Wir verstellen uns, unsere Ideen und Sprache und letztlich auch unsere Stimme.
Schreiben, was in mir schwingt
Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung ist die Befreiung der eigenen Stimme. Es ist eine Form des Erwachsenwerdens, dieses Abkoppeln von Vorbildern und vermeintlichen Vorschriften, und das Hinauswagen in die unbekannte Welt in unserem Kopf.
Eindrücke von außen lassen Ideen entstehen. Diese Ideen klingen in uns, rufen Bilder wach, die wir in Worte kleiden wollen. Wir müssen lernen, den Bildern die Worte zu geben, die wir in uns hören. Und wir müssen uns trauen und in unsere Kraft vertrauen, diese Worte aufzuschreiben und für andere Menschen erlebbar zu machen. Wenn wir zu diesen Ideen und Worten stehen können, wenn es uns gelingt, den Klang einer Idee so unverstellt wie möglich aufzuschreiben, erzählen wir die Geschichte in unserer eigenen Stimme.