Die Sache mit der Perspektive

Die Sache mit der Perspektive

In Romanen sehen wir die Welt durch die Augen von Charakteren. Die Sache mit der Perspektive ist schwierig, vor allem wenn wir überlegen, welche Informationen wir den Lesenden geben wollen und wer dies übernehmen kann.

Die Sache mit der Perspektive — Wer sieht was und wie?

Als Lesende haben wir uns daran gewöhnt, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die Augen eines einzigen Charakters blicken. Tatsächlich hat diese Perspektive auch beim Schreiben Vorteile. Es ist eindeutig, wer die Welt wahrnimmt und darauf reagiert. Andere Charaktere lernen Lesende nur durch den Filter eines Charakters kennen. Auf diese Weise können wir Missverständnisse anlegen oder Reaktionen der anderen Charaktere effektvoll darstellen, schließlich überraschen sie den Charakter, dessen Sicht wir teilen, genauso wie die Lesenden.

Es gibt jedoch auch Einschränkungen, die besonders im Falle eines Ich-Erzählers auftreten. Lesende sind auf dessen Wahrnehmungen und Interpretationen angewiesen. Sie können sich den Interpretationen anschließen oder ihnen widersprechen, aber die wahre Sachlage kennen sie nicht.

Die wahre Sachlage ist natürlich auch so eine Sache. Selbst wenn wir Lesenden den Zugang zur Perspektive mehrerer Charaktere gewähren, sind das doch alles individuelle Sichtweisen. Es ist dann unsere Verantwortung, diese Perspektiven entweder so unterschiedlich zu gestalten, dass die Lesenden ein breites Feld an Informationen erhalten, oder aber gezielt eine Einschränkung der Perspektive beizubehalten, sodass immer noch Fragen offen bleiben.

Durch wessen Augen wollen wir blicken?

Wenn wir uns entscheiden, den Lesenden mehr als eine Perspektive anzubieten, müssen wir uns fragen, wessen Perspektive sie bekommen und wessen nicht. Ein Charakter, der zwar oft auftritt, aber aus dessen Blickwinkel die Lesenden niemals sehen dürfen, bleibt ein Geheimnis. Es kann sich um das Opfer einer Verschwörung handeln, um eine Person, die niemand ernst nimmt, oder im Gegenteil eine Person, die unerreichbar erscheint und die niemand einschätzen kann.

Die Sache mit der Perspektive ist auch eine Sache der Übersicht. Durch wie viele Augenpaare lassen wir die Lesenden gleichzeitig blicken? Mehr als eine Perspektive pro Absatz ist schwer zu verkraften, beim Lesen wie beim Schreiben. Oft entscheiden sich Autor*innen für die Perspektive eines Charakters pro Szene oder Kapitel. Soll die Unübersichtlichkeit einer Situation betont werden, können auch mehrere Perspektiven in einem Absatz sichtbar werden. Aber das sollte nur begrenzt eingesetzt werden.

Wir können auch überlegen, ob die Lesenden nur den Blickwinkel von Personen erleben sollen. Tiere, vor allem solche, denen eine enge Verbindung zu Menschen nachgesagt wird, eignen sich in einigen Fällen sogar besser. Bei Morden oder Einbrüchen werden sie leicht übersehen, weil sie nicht ernst genommen werden, eine Meinung können sie trotzdem haben.

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