Wir alle kennen vermutlich den Witz zum Thema Zeichensetzung kann leben retten und verziehen nur noch müde den Mund wenn wir lesen: Wir essen Opa statt Wir essen, Opa. Tatsächlich hat es Fälle gegeben, in denen die Interpretation der Zeichensetzung in Dokumenten für weitreichende Entscheidungen verantwortlich war. Wir sollten also vorsichtig sein, wo wir ein Komma setzen oder streichen.
Zeichensetzung und Waffen – der zweite Verfassungszusatz
Der zweite Zusatz der amerikanischen Verfassung legt das Recht der Bevölkerung auf das Tragen von Waffen fest. Seit dem neunzehnten Jahrhundert setzen sich auch Gerichte mit dem zweiten Verfassungszusatz auseinander. Dabei geht es auch um die Möglichkeit der Einschränkung des Rechts auf Waffenbesitz durch Privatpersonen. Eine der wichtigsten gerichtlichen Entscheidungen dazu stammt aus dem Jahr 2008 – der Prozess District of Colombia vs. Heller. Im englischen Originaltext ging es unter anderem um die Interpretation der Zeichensetzung, genauer eines Kommas:
A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed.
Das Komma hinter State teilt nach Ansicht der Richter den Verfassungszusatz in zwei Teile: das Recht der Bundesstaaten auf eine Bürgermiliz und das Recht der Bürger auf das Tragen von Waffen. Als Folge dieses Urteils wurden die strikten Waffengesetze von Washington DC aufgehoben.
Zeichensetzung in uralten Dokumenten ohne Komma
Roger David Casement war ein britischer Diplomat, der 1904 durch die Aufdeckung der Gräuel der belgischen Regierung in der Kolonie Kongo bekannt wurde. 1912 trat er aus dem diplomatischen Dienst aus und schloss sich der irischen Widerstandsbewegung an. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs reiste er über die USA nach Deutschland, um dort für die Unterstützung der Regierung für einen irischen Volksaufstand zu werben. 1916 wurde Casement in Irland verhaftet und des Hochverrats angeklagt.
Das Problem der Anklage bestand in der Tatsache, dass Casement sein Verbrechen in Deutschland begangen hatte, der Treason Act von 1351 sich nur auf Verbrechen auf englischen, bzw. britischem Boden bezog. Das Original des Treason Acts war zudem in Anglofranzösisch ohne jede Zeichensetzung abgefasst. Das Gericht interpretierte jedoch ein Komma, welches den Geltungsbereich des Gesetzes erweiterte. Aufgrund dieser Lesart wurde Casement schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und gehängt. (Dieser Absatz fehlt im deutschen Wikipedia-Artikel.)