Ich schlage in diesem Post nicht vor, dass wir unsere Kinder frühzeitig zu Autor*innen erziehen sollen. Frühes Training im Erzählen sehe ich als eine Vorbereitung für andere kreative Arbeiten, die Kindern im späteren Leben nützlich sein können – selbst wenn das Erzählen längst vergessen haben.
Frühes Training der „kreativen Muskulatur“
Wir sehen uns mit unseren Kindern Bilderbücher an, wir lesen ihnen später vor, singen, malen und basteln mit ihnen. Bei all diesen Tätigkeiten trainieren wir die Kreativität unserer Kinder, auch wenn das gar nicht unser Ziel ist. Ein weiterführender Schritt ist, die Kinder anzuregen, selbst Geschichten zu erfinden und zu erzählen. Das klingt vielleicht hochgestochen, ist jedoch wie das Malen eigener Bilder, nur eben mit Worten statt mit Farbe.
In dieser Beschreibung steckt ein weiterer Vorteil. Das Erzählen von Geschichten unterstützt auch die sprachliche Entwicklung. Kinder suchen nach passenden Wörtern, erfinden vielleicht Wörter, die besser passen, als die herkömmlichen Wörter. Kinder sind auch nicht in einem Genre gefangen. Sie verwenden alles, was sie kennen, um eine Geschichte zu erzählen: ihre eigenen Erfahrungen, ihre Bilderbücher, ihre Stofftiere, ihr Haustier. Ihre Geschichten verraten uns viel über die kleinen Personen, was wir vorher noch nicht bemerkt hatten.
Vorbereitung auf das Leben
Wenn Kinder Geschichten erfinden, verwenden sie kompetent Sprache. Das macht sich in der Schule bemerkbar, wenn sie erste Beschreibung – mündlich oder schriftlich – anfertigen sollen. Der Wortschatz wird größer, was das Lesen von Texten im Unterricht erleichtert. Und es entsteht eine Selbstsicherheit aus der Erfahrung alleine ein faszinierendes Gebilde aus Worten und Sätzen entwickeln zu können.
Selbst wenn sich das Interesse der Kinder nicht Richtung Literatur entwickelt, profitieren sie von der Fähigkeit zu spekulieren und Gedanken bis zum Ende zu verfolgen. Frühes Training in Kreativität macht Kinder gedanklich flexibel und mutig. Das nützt ihnen in den Naturwissenschaften ebenso wie in der Werkstatt oder am Computer.
Und wer weiß, vielleicht entscheiden sie sich doch eines Tages, ein Buch zu schreiben?