Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zum Suchen. Ich bin inzwischen überzeugt, dass das stimmt. Nichts ist lästiger, als etwas zu suchen. Nichts ist ablenkender, weil man so viele andere interessante Sachen findet, aber nicht die, die man dringend benötigt. Selbst in stressigen Zeiten versuche ich, Haus und Büro in einem möglichst ordentlichen Zustand zu halten, um weniger Zeit für das Suchen zu verschwenden und mehr Zeit für das Schreiben zu haben. Wie passen Ordnung und kreatives Chaos zusammen?
Was ist Ordnung — für mich?
Ordnung ist ein Zustand, bei dem ich weiß, wo sich ein Gegenstand befindet. Im Idealfall ist der Gegenstand so untergebracht, dass niemand darüber fällt, sich niemand daran verletzt und er auch nicht im Trubel des Alltags weitergetragen werden kann. Es hilft, dass ich neben Brotjob, Haushalt und Schreiben einmal ein kleines Kind hatte, das laufen, anfassen und entdecken wollte. Das Kind ist groß und aus dem Haus, Brotjob, Haushalt und Schreiben muss ich immer noch koordinieren.
Ordnung ist in den verschiedenen Räumen unterschiedlich aufgeteilt. Mein Credo in Küche, Bad, Schlafzimmer und Wohnzimmer lautet: Man darf es nicht sehen, muss es aber sofort finden können. Am besten blind. Diese Räume sind vermutlich nach dem Standard der meisten Menschen aufgeräumt. Nichts liegt herum, und der Inhalt der Schränke ist übersichtlich angeordnet.
Im Büro sieht das etwas anders aus. Da habe ich Bereiche für jedes Projekt. In den Bereichen können Stapel entstehen, aber es sind thematische Stapel mit einer Ordnung, die während des Arbeitens entstanden ist. Diese Zugriffs-Ordnung kann sich ändern, abhängig davon, ob ich ein Buch, einen Ausdruck oder eine Notiz aktuell benötige. Zu Beginn einer Arbeitsphase lege ich das Material für den Tag zurecht, am Ende kommt es wieder auf den Stapel. Stapel sind mir lieber als Standordner oder Schubladen. Ich habe sie auch so errichtet, dass niemand darüber fallen kann.
Gibt es kreatives Chaos?
Ich vermute, dass das kreative Chaos eine Beschreibung für die individuelle Ordnung kreativ arbeitender Menschen ist. Weil ein System nicht so aussieht wie die Ordnung in einer „normalen“ Wohnung oder an einem „normalen“ Arbeitsplatz, wird es schnell als „chaotisch“ abgewertet. Der Blick auf die vermeintlich unstrukturierte Oberfläche zeigt nicht darunterliegende Strukturen und berücksichtigt auch nicht, wie die Gegenstände im System verwendet werden. Für die Menschen, die mit dem System arbeiten, ist wichtig, dass es funktioniert. Für diejenigen, die es als chaotisch bezeichnen, geht es nur um die Optik, die sich vom Gewohnten unterscheidet.