Kreativ ohne Plot und Skizze

ohne Plot

Viele Schreibende können sich nicht vorstellen, ohne Plot oder wenigstens eine grobe Skizze einen Roman zu schreiben. Plot und Skizze sind für sie ein wichtiges Hilfsmittel, ein Geländer, an dem sie sich durch die Höhen und Tiefen und Wendungen des Romans hangeln. Was könnte Schreiben ganz ohne Geländer bedeuten?

Ohne Plot und Skizze — Warum werden sie empfohlen?

Ehe wir uns fragen, was Schreiben ohne Plot oder Skizze oder eine andere Form des Entwurfs bedeuten kann, sollten wir überlegen, warum wir so oft davon lesen, dass wir einen Roman planen sollen.

Wenn wir einen noch so groben Entwurf unseres Romans aufschreiben, versuchen wir, Ideen zu konkretisieren. Wir stellen uns Fragen und versuchen diese zu beantworten.

  • Wer handelt?
  • Wann?
  • Wo?
  • Warum?

Mithilfe der Antworten auf diese Fragen geben wir der Handlung eine Struktur und den Charakteren Gesichter. Wir legen einen Weg fest, den die Charaktere beschreiten sollen, und wir bestimmen ein Ziel, das sie anstreben. Wir können noch weiter gehen und sogar Wörter und Formulierungen festlegen, die wir in bestimmten Szenen verwenden wollen. Weil wir alles schriftlich festhalten, können wir Unklarheiten im Aufbau weitgehend vermeiden und Logikfehlern vorbeugen. Der Text kann dann (so die Hoffnung) schneller geschrieben werden.

Für einen Teil der Schreibenden ist dieses Entwerfen und Planen der kreative Teil des Schreibens. Sie genießen das Bauen mit Ideen wie andere das Bauen mit Lego-Steinen. Sie verlieren sich mit Begeisterung im Ausfuchsen neuer Wendungen, spielen mit den Kombinationen von Szenen und Kapiteln, und freuen sich an dem fein verschachtelten Aufbau. Für sie ist diese Vorarbeit das eigentliche Vergnügen und sie leben sich darin aus. Und das dürfen sie. Es ist ihr Weg.

Das Wagnis der Freiheit — Und seine Risiken

Andere Schreibende möchten sich an ihrer Planung festhalten können. Sie trauen sich nicht, frei zu schreiben und sie vertrauen ihrer Schöpfungskraft nicht, sie sicher zum Ende des Romans zu tragen. Diese Schreibende sind ohne Plot nicht glücklich und zugleich beim Plotten überkritisch. Schreiben ist für sie keine Befreiung, denn sie sehen so viele Regeln, an die sie sich halten sollten und an die sie sich nicht immer halten können.

Dieses Nicht-immer-halten-Können ist vielleicht eine Warnung, dass Plotten und Skizziere nicht die richtige Vorgehensweise sind. Was könnte denn Schlimmes passieren, wenn alle Pläne zerrissen werden? Im schlimmsten Fall vergeht Zeit, bis feststeht, dass völlig freies Schreiben auch nicht der richtige Weg ist. Aber diese Erkenntnis ist das Ergebnis eines Lernprozesses und deshalb wichtig, keine Verschwendung von Zeit.

Schreiben ohne Plot und ohne Skizze könnte bedeuten, dass bisher unbekannte und ungenutzte Kräfte freigesetzt werden. Diese ungenutzten Kräfte sind frisch und ermöglichen, allerhand Neues auszuprobieren: die Charaktere neu zu gestalten, ein ungewöhnliches Ziel anzustreben und einen unerforschten Weg dorthin zu gehen. Es kann sich lohnen, das einmal auszuprobieren.

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