Wir lesen immer wieder, dass wir neben Konten in den sozialen Medien einen Blog haben sollen. Doch es stellt sich immer wieder die Frage, für wen bloggen wir und warum soll das besser sein, als in den sozialen Medien zu posten? Über diese Frage brauchen wir unsere individuelle Klarheit, schließlich kostet es mehr Zeit, einen Blogpost zu schreiben als ein Foto mit einem Satz zu posten.
Für wen bloggen oder wer soll das lesen?
Ein Blog kann eine Art digitales Tagebuch sein, sogar vor den Blicken zufälliger Besucher*innen geschützt. Aber wir Schreibende lesen überall den Rat, zu bloggen, damit unsere Texte und unsere Namen von anderen Menschen gelesen werden. Diese Menschen sollen dann im Idealfall unsere Bücher kaufen, lesen und weiterempfehlen.
Das ist die Theorie. Die Praxis ist auf jeden Fall zeitraubender, als Fotos von uns und unseren Büchern in sozialen Netzwerken zu posten und ähnliche Fotos von anderen zu teilen. Bevor wir uns auf etwas einlassen, das ein weiteres Segment unserer Zeit und unserer Schreibzeit beansprucht, sollten wir uns Gedanken machen, was wir vom Bloggen erwarten. Einen sprunghaften Anstieg der Buchverkäufe? Das funktioniert vielleicht bei Diätpillen, aber nicht bei Büchern. Aber wenn wir davon ausgehen, dass irgendjemand rein zufällig unsere Blogposts lesen wird, sollten wir darüber nachdenken, was für ein Mensch das sein wird und was wir für diese Person schreiben könnten.
Ich stelle mir eine konkrete Person vor, wenn auch nicht unbedingt eine reale Person. Diese Person interessiert sich für das Schreiben. Vielleicht schreibt sie selbst, vielleicht kritzelt sie gelegentlich Gedanken nieder (und wirft diese Versuche mit hochrotem Kopf weg). In beiden Fällen überlegt diese Person, was sie schreiben könnte oder wie sie besser schreiben könnte. Und bestimmt fragt sie sich, ob es normal ist, soviel Zeit mit dem Aufschreiben ihrer Ideen zu verbringen. Ich biete dieser Person meine Überlegungen an, damit sie sich damit auseinandersetzen, sie verwerfen oder daraus etwas halbwegs Hilfreiches ziehen kann.
Aber andere Leute schreiben für andere Personen, und das mit voller Berechtigung. Wichtig ist, dass wir eine Vorstellung von diesen geisterhaften Lesenden bekommen. Wir werden sie nie alle kennenlernen und uns vergewissern. Nie. Nie alle.
Was bringt das Bloggen?
Wenn die potenziellen Leserinnen und Leser so geisterhaft sind und bleiben, muss das Bloggen auch für uns als Schreibende irgendetwas bringen. Ansonsten würden wir es aufgeben. (Das Internet ist voll von aufgegebenen Blogs, die irgendwann enthusiastisch begonnen wurden und eines Tages ganz gelöscht werden.) Etwas, das über so schwer fassbare Begriffe wie Erfolg oder Bekanntheit hinausgeht.
So individuell wie die Beweggründe, mit dem Bloggen zu beginnen, ist auch der Gewinn durch das Bloggen.
Für einige ist das Bloggen Teil einer ausgeklügelten Strategie für das Buchmarketing, das auf Verkäufe abzielt. Andere haben mühsam ihre Erfahrungen gemacht und möchten Interessierten den Weg zum Schreiben und Veröffentlichen erleichtern. In beide Gruppen fallen diejenigen, die Bloggen als eine Form der Selbstdisziplinierung sehen. Sie müssen und wollen regelmäßig schreiben, und wenn es nicht ein neues Buch ist, darf es ein Blogpost sein. Nicht zuletzt kann Bloggen auch beim Klären des eigenen Standpunkts zu einem Thema helfen, ähnlich wie das Tagebuchschreiben.