Charaktere haben Ziele und Motivationen und stoßen auf Widerstände. Alles (!), was wir tun müssen, ist diese Ziele, Motivationen und Widerstände glaubhaft und spannend aufzuschreiben. Aber einige Autor*innen stoßen unter Umständen auf die Frage: Was will mein Charakter eigentlich? Wenn es keine schnelle und eindeutige Antwort gibt, kann diese Frage beim Schreiben immer wieder ablenken. Das muss nicht sein.
Planen und Drauflosschreiben — und die Frage nach Motivation und Ziel
Ehe wir uns den Charakteren und ihren Motivationen, Zielen und Konflikten zuwenden, sehen wir uns an, wie Menschen schreiben. Auf der einen Seite sitzen die Leute, die planen. Sie lieben Tabellen und Mindmaps und verbringen die erste Zeit eines Schreibprojekts mit der Erstellung eines detaillierten Ablaufkonzepts für die Handlung. Auf der anderen Seite sitzen Leute, die in die Luft starren, ihre Finger dehnen und losschreiben. Die Geschichte existiert in einer undefinierten Form in ihren Köpfen und nimmt während des Schreibens Gestalt und Inhalt an. Tabellen kennen diese Leute nicht.
In der Mitte beugen sich die meisten Schreibenden über ihre Tastaturen. Sie haben einige Tabellen oder Skizzen auf der Festplatte oder auf kariertem Papier, aber darauf sehen sie nur, wenn sie sich vergewissern wollen, ob sie noch auf dem richtigen Pfad sind.
Es diese Schreibenden in der Mitte, die Schwierigkeiten haben, die Konzepte Motivation, Ziel und Konflikt sauber zu trennen.
Was will mein Charakter — und muss ich das so fragen und beantworten?
Wer Tabellen liebt und Charaktere aus einer ausgewählten Mischung an Eigenschaften zusammensetzt, steht nicht vor dem Problem, Motivation und Ziel zu trennen. Wenn Charaktere aber als weitgehend fertige Kreationen im Kopf auftauchen, verschwimmt die Grenze zwischen Ziel und Motivation. Beim Versuch, den Charakter nachträglich in eine Tabelle zu zwängen, ergeben sich Fragen, die vielleicht nützlich für die weitere Geschichte sind, oft aber nur ein Gefühl der Unzulänglichkeit wecken.
Wenn in einem Text deutlich wird, dass ein Charakter ein Ziel hat und auch klar ist, dass der Charakter handelt, um dieses Ziel zu erreichen, und alles glaubhaft und spannend ist, dann bringt es nichts, den Charakter zu sezieren. Er entwickelt sich organisch.
Zeigt sich jedoch, dass die Ziele des Charakters nicht glaubhaft erscheinen, kann es helfen zu versuchen, Motivation, Ziele und Konflikte einmal zu formulieren.