Gestern bin ich durch den Bambusdschungel in unserem Garten gekrochen und habe die alten Stengel abgeschnitten. Also hohes Gras, eingeschränkte Sicht, ständiges Rascheln und ein seltsam ranziger Geruch, der darauf hindeutet, dass irgendwo in der Nähe etwas Fleischliches langsam vergeht … Ich will nicht sagen, dass ich Angst hatte, aber unangenehm fand ich die Situation doch.
War es eine erwartungsvolle Spannung? Erwartungsvoll würde die Stimmung gut beschreiben. In dieser Situation rechnete ich nicht mit der Entdeckung von etwas wirklich Schrecklichem, aber ich schloss es nicht aus, schließlich war da der Geruch, und einige zerzauste Federn habe ich auch gefunden.
Es ist wohl das Tier in uns Menschen, das uns in unübersichtlichem Gelände wachsam sein lässt, eine Urangst mit Bedeutung für das Überleben früher in vorzivilisatorischen Zeiten. Und heute? Nützt diese Urangst heute noch? Wovor hat das Tier Mensch heute Angst?
In „Sandras Schatten“ regiert Angst. Eine Frau hat Angst, so sehr dass es ihren Mitmenschen auffällt, wenn sie es auch nicht verstehen oder nachvollziehen. Niemand bietet ihr Hilfe an. Warum?
Es ist offensichtlich nicht ungewöhnlich, dass Menschen in großer Angst keine Hilfe angeboten wird, man denke nur an die zahlreichen Mobbing-Opfer oder Opfer häuslicher Gewalt. Eine Erklärung ist wiederum Angst, die Angst, die große Katze könnte auch uns anfallen, der Mobber auch uns triezen, der schlagende Nachbar auch uns angreifen. Angst macht klein. Angst macht hilflos. Angst macht angreifbar, denn man wehrt sich nicht. Bis zum Ausbruch, aber das ist ein anderes Thema.
Sandra Menserhagens Angst steht exemplarisch für viele verunsicherte Charaktere in der Literatur. Zahlreiche Genres leben von der Angst, nicht allein der Kriminalroman. Denn Menschen fürchten kaum etwas so sehr wie die Angst. Angst beschäftigt uns so sehr, dass wir uns immer wieder mit ihr auseinandersetzen müssen, in Liedern, Gedichten, Bildern, Texten. Wir geben ihr Namen (Hexe, Maskenmann, Frau, Muslim, große Katze) und beschreiben so etwas, was wir nicht verstehen oder nicht verstehen können … oder wollen.
Ich persönlich war erleichtert, als ich den kleinen Haufen Federn im Bambusdschungel gefunden hatte. Er erklärte (vermutlich!) den ranzigen Verwesungsgeruch und war aus meiner menschlichen Sicht kein Hinweis auf Gefahr, was Vögel sicher anders sehen würden. Charaktere in Büchern bleiben diese einfachen Lösungen meist verwehrt. Sandra Menserhagens Angst besteht, solange ihr Stalker in Freiheit lebt.
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