Wann ist ein Autor ein Autor? Wann ist eine Schriftstellerin eine Schriftstellerin? Ist es möglich, eins von beiden oder beides zu sein, ohne jemals ein Buch veröffentlicht zu haben?
Die Öffentlichkeit sieht den Autor nur als Schreiber eines veröffentlichten Buches. Aber der Öffentlichkeit werden auch die vielen Arbeitsschritte von der Idee zum gedruckten Buch oder herunterladbaren E-Book vorenthalten. Bei dieser vereinfachten Darstellung übersieht man nicht nur die kreative Arbeit des schreibenden Menschen sondern auch die monatelange Arbeit von Lektoren, Graphikern, Setzern, kurz von allen an der Produktion beteiligten Berufsgruppen. Neugier bringt man dem Autor entgegen, seiner Geschichte, nicht dem Entstehensprozess.
Das Produkt Buch scheint den Autor auszuweisen.
Zurück zur Ausgangsfrage: Wann ist ein Autor ein Autor?
Ein Autor schreibt. In dem Augenblick, in dem der Kugelschreiber die ersten Worte zu Papier bringt, in dem die ersten Worte auf dem Bildschirm erscheinen, ist der schreibende Mensch dem Autor ein Stück näher gekommen.
Doch es gehört noch mehr dazu.
Für mich gehört eine Einstellung dazu, eine Lebenseinstellung gewissermaßen. Das Entwickeln von Geschichten, das Erfinden von Personen, ist Teil meines Lebens. In Lebensphasen, in denen das Schreiben keinen Platz hatte, erzählte ich Geschichten. Ich erfand Geschichten für meinen Unterricht, ich kleidete sie mit strengem Realitätsbezug aus und nannte sie „Aufgaben für die Kursteilnehmer“. Ich erzählte Gute-Nacht-Geschichten und entwarf die Biografien für sämtliche Stofftiere meiner Tochter, Stofftiere, die wirklich viel erlebt haben, wenn sie nicht gerade rund um das Bett aufgereiht saßen.
Wenn ich schreibe, bin ich – ich bin alles und ich bin jeder und ich bin immer. Schreiben ist kein „schönes Hobby„, wie eine Schreibschule tröstend auf ihrer Seite mit Tipps für die Manuskripteinreichung wissen lässt. (Ich verlinke bewusst nicht dorthin, aber einige erkennen den Satz wahrscheinlich wieder) Schreiben ist existentiell.
Weil das Erfinden von Geschichten so bedeutsam ist, wollen wir andere teilhaben lassen. Wenn wir Wege finden, andere Menschen an unseren Geschichten teilhaben zu lassen, dann sind wir Autoren. Wenn wir die Geschichten erzählen und man uns zuhört, wenn wir in Zeitschriften, auf unserer Website, in Foren, Blogs, Büchern oder E-Books Geschichten veröffentlichen, dann sind wir Autoren.
Autoren suchen die Öffentlichkeit. Das ist harte Arbeit und erfordert Disziplin. Autoren wissen, ein veröffentlichtes Buch ist nur ein Fuß in einer Tür, die sehr schwer aufzustemmen ist.
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie ein Autor sind? Wie haben Sie es gemerkt? Was bedeutet Schreiben für Sie?