Die Frage nach dem Happy End beschäftigt mich schon seit langem und es interessiert mich wirklich sehr, was Sie dazu meinen.
Das Happy End gewinnt
Happy End ist ein englischer Ausdruck, der in etwa Ende gut, alles gut bedeutet. Seine Verbreitung in andere Sprachräume gelang dem Happy End mit der amerikanischen Filmindustrie. Zunächst nur in Kinofilmen bezeichnete man ein glückliches Ende als Happy End, wenn aus den Liebenden ein Paar wurde und die guten Mächte siegten. Vom Film breitete sich das Happy End in Romane, Fernsehserien und andere Kunstformen aus.
Das Publikum scheint schon früh nach guten Enden verlangt zu haben. Shakespeare griff in King Lear auf einen Sagenstoff zurück, der seinem Publikum bekannt war. Als eigene Variante ließ Shakespeare den König Lear wahnsinnig werden und dessen Tochter Cordelia sterben. Seine Zuschauer waren so schockiert, dass in den folgenden Jahrhunderten abgewandelte Versionen aufgeführt wurden. Cordelia starb in diesen Versionen nicht und heiratete außerdem. Erst im 19. Jahrhundert kehrte man zu Shakespeares ursprünglicher Version zurück.
Das Happy End und ich – ein Zerwürfnis
Ich muss zugeben, das mein Verhältnis zum Happy End sehr gespalten ist. Aufgewachsen in den 1970er Jahren unter dem Einfluss von Märchenschallplatten erwartete ich lange Zeit ein Happy End als einzig mögliches Ende. Als mein Lesestoff anspruchsvoller wurde, mochte ich den Lösungen der Probleme in Hanni und Nanni oder Dolly nicht aus vollem Herzen zustimmen.
Wieder etwas später entdeckte ich den Verdruss, den ein Buch bereiten kann, wenn das Happy End die falschen Leute zusammenbringt. Ich konnte Julia Flyte in Wiedersehen mit Brideshead von Anfang an nicht leiden. In Die Frau in Weiß ist mir bis heute unverständlich, weshalb Walter Hartright die in jeder Beziehung hilflose Laura heiratet.
Ich habe nichts gegen ein Happy End, schließlich ist den Charakteren zu wünschen, dass sie zur Ruhe kommen und sich von den Strapazen der Handlung erholen können. Aber das sollen sie mit den richtigen Leuten tun. Richtig heißt für mich, dass das Happy End nachvollziehbar ist. Es darf nicht vorhersagbar sein und erst recht nicht auf Biegen und Brechen erzwungen. Übrigens stand ich in der Schule ziemlich allein mit meiner Sympathie für offene Enden.
Deshalb mag ich den von mir geschaffenen Charakteren auch kein Happy End aufbürden, wenn die Handlung, und zusätzlich die Logik der Welt in den beschriebenen Situationen, nicht auf ein waschechtes Happy End hinauslief.
Und jetzt möchte ich von Ihnen wissen, wie Sie zum Happy End stehen. Brauchen Sie es so sehr, dass Sie sicherheitshalber die letzten Seiten überfliegen, damit Sie sicher sein können, ob sich die Investition in Zeit und Geld lohnt? Oder bevorzugen Sie ein weniger eindeutiges Ende, offen, aber nicht hoffnungslos? Schreiben Sie mir, was Sie vom Happy End halten.