Charaktere sind wichtig für Leser. Mit ihnen können sie sich identifizieren, an ihrer Seite gehen sie durch die Handlung. Natürlich möchten Leser auch wissen, wie die Charaktere aussehen, wie sie denken und fühlen, was in ihrem Vorleben geschah. Wahrscheinlich fragen auch Sie sich, wie Sie dieses Wissen den Lesern vermitteln sollen. Gibt es Alternativen zum totalen Verschweigen des Aussehens einerseits und einer Überflutung mit allen Eigenheiten aller Charaktere an einer Stelle im Buch?
Was Leser wünschen …
Verabschieden Sie sich von der Illusion, es gebe ein Maß für den Umfang der Beschreibung, das alle Leser zufriedenstellt. Vor einigen Monaten fragte in einer Facebookgruppe eine Autorin, wie Leser die optimale Länge einer Charakterbeschreibung einschätzten. Obwohl viele Leser eine weniger umfangreiche Beschreibung bevorzugten, gab es hinsichtlich der Länge von „weniger umfangreich“ große Unterschiede. Einige Maße für „weniger umfangreich“ deckten sich mit den Angaben derer, die eine ausführliche Beschreibung für notwendig hielten. Eine klare Handlungsanweisung ließ sich aus den Antworten nicht ableiten.
Vielleicht hilft Ihnen ein Blick auf das Genre weiter. Die übliche Länge von Büchern variiert zwischen den Genres. Ein Genre mit gewöhnlich langen Büchern (Fantasy, Young Adult …) hat offenbar Raum für mehr Beschreibung und deshalb auch mehr Raum für ausführliche Charakterbeschreibungen. Dagegen fallen in Genres mit normalerweise kurzen Büchern (Krimis)sämtliche Beschreibungen, auch die der Charaktere, kürzer aus.
Achten Sie bei Ihrem nächsten Besuch in einer Buchhandlung auf die Breite der Buchrücken in den Regalen der verschiedenen Genres. Bei Online-Shops lesen Sie die Seitenangaben in den Produktbeschreibungen der Bücher. So gelingt es Ihnen besser abzuschätzen, wie viel Beschreibung Leser in einem Genre akzeptieren. Stimmen Sie den Umfang Ihrer Charakterbeschreibungen mit Ihren Daten ab.
Was Autoren schreiben und streichen …
Doch auch in umfangreichen Büchern können seitenlange Beschreibungen langweilen. Während des Schreibens ist es angemessen, wenn Sie eine lange Beschreibung verfassen. Dadurch gewinnt Ihr eigenes Bild vom Charakter an Schärfe. Solche Stellen sollten Sie aber sofort markieren.
Bei der Überarbeitung der ersten Version betrachten Sie dann Ihre Personenbeschreibungen losgelöst vom Text. Versuchen Sie, die Informationen aus der Beschreibung verschiedenen Kategorien zuzuordnen: Aussehen, Charakter, Eigenschaften, Vorlieben/Abneigungen, Herkunft, Vorgeschichte etc. Überlegen Sie dann, welche dieser Informationen Leser möglichst früh benötigen und welche erst nach und nach preisgegeben werden sollten. Suchen Sie dann passende Stellen in der Handlung, an denen Sie die Informationen einfließen lassen können.
Beschreibungen müssen übrigens nicht immer direkt sein. Oft ist es sinnvoll, die Beschreibung indirekt durchzuführen, etwa durch Bemerkungen anderer Charaktere. Die Art und Weise wie jemand über jemand anderen spricht, erlaubt außerdem Einblicke in das Wesen des Sprechers. Ein Satz charakterisiert dann zwei Personen.