Jedes Gespräch enthält kleine Wörter, mit denen die Sprechenden einander Signale senden. Das sind Interjektionen wie oh, Konjunktionen wie aber, Adverbien wie teilweise oder Phrasen wie nicht wahr. Meistens sind wir uns dieser kleinen Wörter gar nicht bewusst. Fehlen sie, klingt eine Aussage sofort objektiver, aber auch offizieller:
„Na, nach dem Essen musst du die aber die Zähne putzen, nicht?“
„Nach dem Essen musst du dir die Zähne putzen.“
Für Autoren sind diese kleinen Wörter problematisch. Einen erzählenden Text machen die kleinen Wörter unspezifisch. Sie weichen Beschreibungen oder Berichte auf, nehmen ihnen den Fokus. Damit blähen sie Texte unauffällig auf, denn oft muss man einen Satz mehrfach genau lesen, um alle kleinen Wörter und ihre Funktion oder Funktionslosigkeit identifizieren zu können.
In der Wiedergabe wörtlicher Rede erscheint der Rückgriff auf die kleinen Wörter naheliegend. Wer schon einmal ein reales Gespräch transkribiert hat, weiß, wie viele kleine Wörter und andere Eigenheiten der wörtlichen Rede, das Lesen einer Transkription mühsam machen. Es ist also gewagt, in Dialogen ein reales Gespräch mit all deren Eigenheiten nachzubilden. Effektiver und für Leser erträglicher ist die Konzentration auf bestimmte Eigenheiten, die sparsam eingesetzt den jeweiligen Sprecher kennzeichnen.
Auch für Menschen, die eine Sprache lernen, stellen die kleinen Wörter in realen Gesprächen eine Schwierigkeit dar. Dialoge in Lehrwerken sind von diesen kleinen Wörtern weitgehend bereinigt. In den frühen Lernstadien begegnet ein Lerner den kleinen Wörtern fast nie, allenfalls in der Sprache der Lehrkraft. Wenn in fortgeschrittenen Lernstufen das Lehrwerk versucht, Dialoge lebensechter zu gestalten, kommen von Lernen verwirrte Fragen. Wer aber nur als Konjunktion in Sätzen wie Sie ist schon siebzig Jahre alt, aber noch sehr aktiv kennt, kann sich eine Aussage wie Das ist aber lieb von dir nicht verstehen.
Bei Menschen, die eine Sprache lernen, fußen die Verständnisschwierigkeiten in mangelnder Erfahrung mit realen Gesprächssituationen. es gibt jedoch Parallelen zu den Schwierigkeiten von Lesern, einen Text oder Dialog mit zu vielen kleinen Wörtern zu erfassen. In beiden Fällen erhöht eine Umformulierung die Verständlichkeit.
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