Was macht Gespräche interessant? Ein Thema, das für die Sprecher bedeutsam ist, gute Ideen und Argumente, eine Sprache, die hinsichtlich der Wortwahl und der Strukturen zum Thema und zu den Sprechern passt. Solche interessanten Gespräche führen wir beruflich und privat, und wir sorgen dafür, dass unsere Protagonisten ausschließlich für den Leser interessante Gespräche führen. Was aber, wenn das interessante Gespräch in einer Prüfung stattfinden soll?
Wer Glück hatte, hat im Laufe der vielen offiziellen Prüfungen eines Lebens in Deutschland tatsächlich so ein interessantes Gespräch geführt. Dann passt alles zusammen: Atmosphäre, Thema, Ideen des Prüflings und Fragen des Prüfers. Im Idealfall entwickelt sich das Prüfungsgespräch zu einer echten Diskussion, statt bei einem Abfragen von Inhalten zu verharren.
Wenn das Prüfungsgebiet die Sprache selbst ist, kommt es selten zu so einem interessanten Gespräch. Die Sprache ist nicht nur das Medium des Austauschs, ihre Verwendung wird überprüft und mit definierten Erwartungen abgeglichen. Das Thema der Prüfung teilt sich in das offizielle Gesprächsthema und die Sprachbeherrschung selbst. Hinzukommt die ungleiche Rollenverteilung. Ein Sprecher spricht, beobachtet und bewertet, der andere Sprecher ringt um Argumente und Worte.
Im richtigen Leben ist diese Situation das Szenario von Alpträumen. In einem Roman tauchen solche Gespräche im Kontext von Verhören auf. Da haben sie den Vorteil, dass der Leser aus dem Gespräch Hintergrundinformationen filtern kann, und gleichzeitig Gelegenheit hat, Verhörführer und Verhörten anhand ihrer Sprache und ihres Verhaltens besser einzuschätzen.
Aber wer von uns begibt sich in eine Prüfung, nur um ihre Mechanismen für einen Roman zu testen?