Schreiben und Überarbeiten sind unterschiedliche Tätigkeiten, die dennoch eng zusammengehören. Während Schreiben bis zu einem gewissen Grad unbewusst geschieht, ist die Überarbeitung eine bewusste Arbeit. Nicht nur der Inhalt des Texts wird überprüft, jeder Absatz, jeder Satz, jedes Wort erhält besondere Aufmerksamkeit. Oft folgt dieser Aufmerksamkeit ein Streichen oder eine Korrektur. Welche Wörter oder Ausdrücke sollten wir bei der Überarbeitung kritisch betrachten?
Welche Wörter verwenden wir zu oft?
Es gibt zwei grobe Kategorien von Wörtern, auf die wir ein Augenmerk haben sollten. Gemeinsam ist den Wörtern, dass wir sie während des Schreibens unreflektiert verwenden, weil wir uns auf die Handlung konzentrieren.
Da sind einmal unsere „Lieblingswörter“, die jeder von uns hat. Wenn wir unsere Texte aufmerksam lesen, stoßen wir sofort auf die besonders überreizten Wörter. Diese Wörter sind für jeden Autor andere. Teilweise sind es einfach persönliche Vorlieben, teilweise Wörter, die sich für den eigenen Schreibstil als besonders praktisch erwiesen haben.
Zum anderen sind da Wörter, die tendenziell oft und auch zu oft in Texten aller oder vieler Autoren erscheinen. Diese Wörter werden oft nur in bestimmten Kontexten problematisch, einige wirken sich fast immer störend aus.
Wie so oft, lassen sich auch die objektiv störenden Wörter nicht immer vermeiden.
Private Lieblingswörter
Lieblingswörter heißt hier, dass wir diese Wörter oft verwenden. Ich empfehle Autoren, dass sie eine Liste dieser Wörter führen und die Liste während des Überarbeitens ergänzen.
Die Überarbeitung sollte immer mit der Handlung und den Charakteren beginnen. Wenn diese feststehen, können wir uns auf die Sprache konzentrieren. Dazu gehört das Ausmerzen von Rechtschreib- und Grammatikfehlern. In einem eigenen Arbeitsschritt sollten wir unsere Liste mit Lieblingswörtern durchgehen. Jedes Textverarbeitungsprogramm zählt für uns die Verwendung einzelner Wörter. Bestimmte Funktionswörter wie Konjunktionen und Präpositionen sind in jedem Text hundertfach vertreten. Daran können wir wenig ändern und sollten es auch nicht versuchen. Aber unsere Lieblingswörter belasten den Text oft schon, wenn sie dreimal auftreten.
Also lassen wir uns die Wörter einzeln anzeigen, studieren sorgfältig Satz und Abschnitt und überlegen, welche Funktion das Wort übernimmt, welche Auswirkung es auf die Perspektive hat und ob es alternativen gibt. Wenn ich ein Wort nicht spontan ersetzen kann oder will, lege ich einen Kommentar für das Wort an. Bei einem späteren Bearbeitungsschritt arbeite ich die Kommentare ab. Anhand der Anzahl der verbleibenden Kommentare kann ich auch sehen, wie weit die Überarbeitung vorangeschritten ist.
Generell überbeanspruchte Wörter
In meiner Liste der überbeanspruchten Wörter in deutschen Büchern sind Verben um das Sehen (sehen, beobachten, bemerken, starren …), Verben um die Fortbewegung (gehen, laufen), die Modalverben (können, dürfen, müssen, sollen, mögen) und Formen von sein und werden als Hilfsverben (z. B. hat geschrieben, ist gegangen, wurde gesehen) vertreten. Verben sind die wichtigsten Wörter in einem Satz. Sie enthalten Informationen über die handelnde Person und über die Zeit, und sie geben einen Hinweis, wie der Satz weitergehen muss. Verben mit Dativ richten sich fast immer an eine Person (Sie half ihm), Verben mit Akkusativ wirken sich ungehindert auf eine Sache oder eine Person aus (Sie tötete ihn), Verben mit einer Präposition vermitteln komplexe Zusammenhänge (Sie wartete auf ihn). Es gibt selbstverständlich nicht nur überbeanspruchte Verben, doch aufgrund ihrer Bedeutung im Satz, müssen wir unsere Verben besonders kritisch betrachten.
Was tun mit überbeanspruchten Wörtern?
Bei einigen Wörtern ist dies einfacher als bei anderen. Beispielsweise sollten wir uns genau überlegen, ob wir ein Modalverb benötigen. Modalverben geben dem Verb eine zusätzliche Bedeutung. Im Falle von „müssen“ ist es eine Obligation.
Er musste nur noch drei Kilometer fahren, dann war er im Hotel.
Oder:
Vor ihm lagen noch drei Kilometer, dann war er im Hotel.
Welcher der Sätze besser passt, entscheidet der Kontext, aber auch der Erzähler.
Bei Verben des Sehens spüren wir eine Verlangsamung der Handlung. Vielleicht ist es in einer Szene notwendig, dass die Charaktere nichts weiter tun als sehen und beobachten. Falls es nicht so ist, sollten wir versuchen, das Tempo durch andere Verben hochzuhalten.
Er beobachtete, wie sie an den geparkten Autos entlang ging und die Türen ausprobierte.
Oder:
Er trat hinter einen Baum. Sie ging an den geparkten Autos vorbei und probierte die Türen aus.
„Bemerken“ ist ein interessantes Verb. Wir können es in den Bereich des Sprechens und des Sehens einordnen. Im Bereich des Sehens hat es die Bedeutung „plötzlich etwas sehen“.
In der Fußgängerzone bemerkte er einen pinkfarbenen Elefanten, den sonst niemand zu sehen schien.
Oder:
In der Fußgängerzone fiel ihm der pinkfarbene Elefant auf. Die anderen Passanten wichen dem Tier aus, aber niemand schenkte ihm Beachtung oder kommentierte das laute Tröten.