Adjektive sind mächtige Wörter, denn sie können einen Text aufwerten oder unlesbar machen. Deshalb gibt es zahlreiche Regeln, was mit ihnen erlaubt ist und was verboten. Autor*innen brechen jedoch gerne mal eine Regel. Wie können sie Adjektive zähmen und zum Vorteil ihres Texts nutzen?
Adjektive zähmen – Wann ist das nötig?
Manchmal hilft es schon zu wissen, was eine Wortart eigentlich tut: Adjektive informieren über Eigenschaften. Sie helfen uns, im Kopf ein Bild zu formen, wie etwas ist: Der Himmel ist blau. Die Haare sind blond. Der dicke Hund und die gestreifte Katze schlafen.
Das sind knappe Informationen, die wir leicht in Bilder umformen können. Ein Adjektiv bewältigt unsere Fantasie problemlos. Schwieriger wird es mit zwei Adjektiven. Der Mann ist blass und mager. Der dicke, flauschige Hund gähnt. Die runde rote Uhr tickt.
Aber auch hier können wir Bilder entstehen lassen, wobei der blasse und magere Mann uns irritiert. Blass ist er im Gesicht, mager am ganzen Körper. Doch auch das bewältigen wir. Bei drei und mehr Adjektiven beginnen aber bei den meisten Menschen Probleme. Die glänzenden roten krausen Haare flattern im stürmisch wehenden Wind. Der kurze rote enge Rock engte ihre Bewegungsfreiheit ein.
Wenn Haare flattern, bewegen sie sich. Die Strähnen dehnen sich, das Rot der Haare glänzt je nach Lichteinfall verschieden. Stellen wir uns das vor, ist es kein Bild mehr, es ist ein Film, eine Aneinanderreihung ähnlicher, aber verschiedener Bilder. Adjektive können uns eine Momentaufnahme liefern, doch für alles andere sind Verben die richtige Wahl. Sie geben uns Bewegung, Abwechslung, sogar Nuancierung. Das Adjektiv ist sicher nicht bedeutungslos, aber es muss hinter dem Verb zurücktreten.
Was passiert beim lauten Lesen?
Nun haben wir einen Text geschrieben und möchten wissen, ob wir zu viele Adjektive verwendet haben. Um das zu testen, können wir den Text laut lesen. Das laute Lesen deckt auch noch andere Problem auf, aber es ist bei der Suche nach überflüssigen Adjektiven besonders nützlich.
Beim lauten Lesen ändert sich die Wahrnehmung des Texts. Lesen wir ihn leise, sind nur unsere Augen beteiligt, lesen wir ihn laut, hören unsere Ohren mit. Umständliche Konstruktionen, wie sie durch Adjektiv-Häufungen entstehen, können wir lesend gut verstehen, nicht aber hörend. Was wir im eigenen Text nicht verstehen, sollten wir ändern, indem wir unnötige Adjektive zähmen.
Auch unsere Zunge ist ein gutes Hilfsmittel, um komplizierte Strukturen aufzudecken. Was wir beim ersten Lesen nur mit Mühe korrekt laut lesen können, ist unnötig schwierig und sollte ebenfalls geändert werden.