Trauer ist eine Reaktion auf den Verlust von Menschen. Als Autor*innen bringen wir unsere Charaktere in Situationen, in denen sie sich mit dem Verlust geliebter, manchmal gehasster Menschen auseinandersetzen müssen. Die Phasen der Trauer zu kennen, hilft, die Gefühle und das Verhalten der Charaktere realitätsnah zu schildern.
Trauer ist nicht immer und überall gleich
Trauer ist individuell und zugleich durch Traditionen geprägt. Jeder Mensch erlebt Verluste anders und trauert dementsprechend anders. Verschiedene Religionen und Kulturen haben unterschiedliche Wege gefunden mit einem Phänomen umzugehen, das immer umfassender ist als das schlichte Aufhören einer Existenz.
Wenn wir über das Erleben von Trauer und Trauerbewältigung in Kulturen, in denen wir selbst nicht leben, schreiben wollen, ist es hilfreich, über dieses Thema mit Menschen zu sprechen, die Emotionen und Rituale aus eigenem Erleben kennen.
Die Phasen der Trauer nach Verena Kast
Nach Verena Kast verläuft Trauer in vier Phasen zwischen einem eindeutigen Anfang und einem Ende. Am Anfang steht der Tod eines Menschen, am Ende eine Neuorientierung. Die Phasen der Trauer können überlappen, sich wiederholen oder durcheinandergeraten. Daher gibt es keinen vorgeschriebenen Verlauf. Das gilt auch für Charaktere und eröffnet für Schreibende zahlreiche Möglichkeiten, die Trauer in eine Handlung einzubauen.
Phase 1: Das Nicht Wahrhaben-Wollen
Unabhängig davon, ob der Tod erwartet wurde oder überraschend kommt, reagieren Menschen unmittelbar nach der Todesnachricht mit Schock, Apathie, Leugnung, Hilflosigkeit. Einige Menschen brechen zusammen. Diese erste Phase kann wenige Stunden oder einige Wochen dauern.
Phase 2: Aufbrechende Emotionen
Danach drängen oft heftige Emotionen heraus: Wut, Angst, Enttäuschung, Schmerz. Der Schmerz kann sich auch in körperlichen Reaktionen wie Herzproblemen, Atemnot oder Übelkeit äußern. Manche Menschen hadern mit ihrem Gott, andere machen dem oder der Verstorbenen Vorwürfe. Diese Phase kann sich über mehrere Wochen oder Monate hinziehen.
Phase 3: Suchen und Sich-Trennen
In dieser Phase suchen Menschen den oder die Verstorbene in den Gesichtern anderer. Sie erinnern sich an gemeinsame Erlebnisse oder suchen Orte auf, an denen sie gemeinsam gewesen sind. In die Trauer mischen sich auch Glück oder Dankbarkeit für das Gemeinsame, möglicherweise aber auch Verzweiflung und Angst vor einer dunklen, einsamen Zukunft. Diese Phase kann sich über Jahre erstrecken.
Phase 4: Neuer Selbst- und Weltbezug
Allmählich kehren innere Ruhe und Frieden zurück, der Blick richtet sich in die Zukunft, eigenständige Pläne sind möglich. Der Trauerprozess hat den Menschen verändert, der oder die Verstorbene bleibt als Erinnerung Teil des Lebens.
Neben dem Modell von Verena Kast gibt es u. a. auch die Traueraufgaben nach J. William Worden.