Über Aussehen und Handeln können wir Charaktere einprägsam beschreiben. Einprägsam heißt hier, dass bei den Lesenden ein Bild entsteht, dass sie immer wieder vor Augen haben, wenn der Charakter erwähnt wird. Es geht Typisches, es geht um Ticks, es geht aber auch um Äußerlichkeiten. Wenn wir all das in Worten darstellen wollen, kommen wir nicht umhin, die vermeintlich bösen Adjektive und Adverbien zu verwenden.
Das Aussehen einprägsam beschreiben
Zeug*innen und Leser*innen erinnern sich an das, was ihnen auffällt, weil es nicht dem Gewohnten oder Erwarteten entsprach. Ohren hat jeder Mensch, und die meisten Ohren ähneln sich. Ein Standard-Ohr interessiert bei einem Charakter nicht, ein Ohr, das wegen seiner Form, seiner Farbe, seiner Größe vom Standard abweicht, interessiert dagegen. Während das Wort Standard-Ohr in Romanen nicht auftaucht (Ich bilde mir ein, es erfunden zu haben.), liest man von Segelohren, Schlappohren, Löffeln und Lauschern. Was zeichnet diese Ohren aus? Wie erkennen Leser*innen, ob ein Charakter damit ausgestattet ist?
Auf einem Bild des Charakters würden die Leser*innen sehen, dass Segelohren abstehen. Der Charakter hat also abstehende Ohren. Schlappohren hängen schlaff herunter, der Charakter hat hängende Ohren, im schlimmsten Fall bis auf die Schultern. Löffel sind hochstehende Ohren wie Hasenohren. Lauscher finde ich weniger bildlich, vielleicht erinnern sie an Antennen oder sie sind schlicht groß. Um das Ungewohnte zu beschreiben, brauche ich Adjektive (sogar aus Partizipien gebildete Adjektive). Adjektive haben den Vorteil, dass sie Vorstellungen vermitteln, eben Bilder. Sparsam eingesetzt sind Adjektive sehr effektiv, wenn wir Charaktere einprägsam beschreiben wollen.
Die Handlungen beschreiben
Beim Beschreiben von Handlungen wollen wir nicht nur ein Bild entstehen lassen, es soll ein ganzes Video sein. Streicht sich ein Charakter die Haare aus den Augen, kann das ganz unterschiedlich aussehen, je nachdem, in welcher Stimmung der Charakter ist. Ich kann Zeit und Platz aufwenden und versuchen zu zeigen, wie es aussieht, wenn das Zurückstreichen der Haare fahrig, lässig, kokett oder vielleicht auch gelangweilt ist. Ich werde nicht um die Verwendung von Adjektiven und Adverbien herumkommen. Da ist es besser, ich schreibe gleich Sie strich lässig eine lange Locke aus der Stirn, ehe ich die Leser*innen wissen lasse, was sie anschließend tat und warum ich deshalb mit fahrigen Händen eine Zigarette anzünden musste.
Wenn ich Charaktere einprägsam beschreibe, setze ich Adjektive und Adverbien gezielt ein. Ich verwende so viele wie nötig, um Bilder entstehen zu lassen. Dazu wähle ich (wie immer) Wörter, die exakt in diese Situation passen. Oft sind die Adjektive und Adverbien so ungewöhnlich, dass ich rationieren muss. Nicht zu oft dürfen Hände fahrig sein, Blicke nicht zu oft kokett, Ohren nicht zu oft hochstehend. Ansonsten verlieren die Beschreibungen den Hauch des Ungewöhnlichen und prägen sich schon deshalb schlechter ein.