Die UN-Weltdekade der Alphabetisierung 2002-2012 ist gerade ausgelaufen. Lesen und Schreiben sind wichtige Werkzeuge. Sie ermöglichen eigenständiges Sammeln von Informationen: für die Gesundheit, für die Arbeit, für die politische Meinungsbildung. Sie ermöglichen die Weitergabe von Erfahrungen und Wissen.
Ein Leben ohne diese Werkzeuge erscheint vielen in unserem Land unvorstellbar. Man kann einfach lesen und schreiben. Und meist hat man längst vergessen, wie mühsam es im Alter von sechs Jahren war, diesen komischen Buchstabendingern beizukommen. Wie gut die meisten von uns mit diesen Werkzeugen umzugehen verstehen, merken wir allenfalls, wenn wir die Schwierigkeiten unserer Kinder in der ersten Klasse nicht nachvollziehen können.
Große Ziele
An die UN-Weltdekade der Alphabetisierung wurden große Erwartungen gestellt. Weltweit sollte die Zahl der erwachsenen Analphabeten halbiert werden. In der Vorbereitungsphase verpflichteten sich darüberhinaus 164 Länder, bis zum Jahr 2015 sechs Bildungsziele umzusetzen:
- Ausbau und Verbesserung frühkindlicher Bildung, insbesondere benachteiligter Kinder
- Bis 2015 sollten alle Kinder unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Lebensumständen kostenlosen Zugang zu hochwertiger und verpflichtender Grundschulbildung erhalten und diese auch abschließen
- Absicherung der Lernbedürfnisse von Jugendlichen und Erwachsenen durch Lernangebote und Basisqualifikationen
- Halbierung der Zahl erwachsener Analphabeten, insbesondere Frauen, bis 2015
- Aufhebung des Geschlechtergefälles in der Primar- und Sekundarbildung, also entsprechend Grundschule und weiterführender Schule, bis 2005 und im gesamten Bildungsbereich bis 2015
- Verbesserung der Qualität von Bildung
Trauriges Ergebnis
2011 erschien das Fazit. Demnach gibt es Fortschritte, doch die meisten Ziele sind verfehlt worden. Insbesondere bewaffnete Konflikte verhindern, dass Kinder sicher Schulen besuchen können. Auch im Bereich der Alphabetisierung ließ ein Zwischenbericht 2005 fürchten, dass die Ziele nicht erreicht werden können.
Der Balken im eigenen Auge
Die Mehrzahl der Analphabeten leben in afrikanischen und südamerikanischen Ländern. Fotos aus den Projekten vermitteln den exotischen und tröstlichen Eindruck, dass in deutschsprachigen Ländern die Welt der Grundbildung in Ordnung ist.
Eine Studie der Universität Hamburg stellte 2011 fest, dass etwa 14% der Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 64 Jahren selbst kurze Texte nicht verstehen können. Der Alpha-Bund hat eine informative Übersicht der Situation herausgegeben.
Eine Schrift des Alpha-Bundes zeigt auf, dass während der Weltdekade der Alphabetisierung in Deutschland zwar viel erreicht wurde, sie weist jedoch auch auf viele Bereiche hin, in denen mehr getan werden muss, damit jeder Bewohner dieses Landes die Werkzeuge Lesen und Schreiben anwenden kann.