Durch Gehen die Welt erfahren

die Welt erfahren

Können wir durch Gehen die Welt erfahren? Einfach nur zu gehen, statt sich zielorientiert fortzubewegen, wird von nicht wenigen Mitmenschen misstrauisch betrachtet. Alles muss heutzutage einem Zweck folgen, ansonsten ist es Verschwendung. Das klingt pauschal und provozierend, letztlich neigen wir trotzdem dazu, uns in wenigstens einigen Bereichen diesem Glaubenssatz zu unterwerfen. Das hat Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir unseren Alltag gestalten, aber auch wie und was wir schreiben. Könnte ein anderes Gehen nicht nur unsere Wahrnehmung verändern, sondern auch unser Schreiben?

Die Welt erfahren … durch Gehen?

Gut, wer geht, bewegt sich von der Stelle, strebt von A nach B. Doch dieses Gehen ist nicht gemeint. Das Ziel dieses Gehens ist das Erreichen eines bestimmten Orts, möglichst schnell, um eine neue Aufgabe zu erledigen und anschließend einen weiteren Ort aufzusuchen. Gerade jetzt, da wir soziale Distanz üben sollen, aber zu Hause auf mehr Menschen stoßen, als wir gewohnt sind, suchen wir nach Freiräumen. Noch dürfen wir das Haus verlassen. Dann können wir erleben, dass im Gehen eine Befreiung besteht.

Wer schreibt oder anderwärtig kreativ arbeitet, benötigt Eindrücke, und Gehen erlaubt tatsächlich, Eindrücke zu gewinnen, die – zunächst – keinem Ziel unterliegen. Durch Gehen können Autor*innen die Welt erfahren und erleben, sie können ihre Aufmerksamkeit schweifen lassen.

… und sich selbst Freiraum schenken

Freiräume machen Kreativität erst möglich. Freie Räume sind zweckfrei, das heißt, sie unterliegen keinem Nutzen. Wenn wir einfach nur gehen, ohne Hund, ohne Kind, ohne Partner*in, ohne Handy (!), geben wir uns Zeit und Raum, wir können uns öffnen. In diesem fast meditativen Gehen, kommen die Eindrücke, wir lassen sie hinter uns, wir bewegen uns in einer Zwischenwelt. Was wir aus dieser Zwischenwelt mit an den Schreibtisch nehmen, entscheiden nicht wir. Etwas kommt meistens mit, ein Bild, ein Geruch, ein Geräusch. Das, was uns nach Hause begleitet hat, zeigt sich erst später, manchmal erst nach einer längeren Zeit, sodass wir überrascht sind, diesen Eindruck oder diese Erinnerung zu haben.

Wir sind dann jedoch frei zu entscheiden, ob wir so eine Erinnerung nutzen oder ob wir damit warten. Das sind bewusste Entscheidungen, die wir aufgrund anderer Maßstäbe treffen. Wenn wir das möchten …

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