Eine Entdeckung, die Autor*innen zwangsläufig machen, ist die Bedeutung der Überarbeitung ihres Manuskripts. Zwar lernen wir in der Schule rudimentär, dass man einen Text überarbeiten muss, aber mit Büchern hat das Schulwissen nichts zu tun. Bücher sind fertig und perfekt. Manuskripte dagegen, sind nie wirklich fertig. Es ist immer wieder eine beeindruckende Erfahrung, wie sich ein Text in der Überarbeitung wandeln kann. Die Macht der neuen Version kann aber auch verunsichern.
Die Macht der neuen Version – drei Bereiche
Wer schreibt, muss akzeptieren, dass ein Text in steter Veränderung ist. Während die erste Version entsteht, bedeutet Veränderung in erster Linie Zunahme an Umfang. Aber schon in dieser Phase kann es passieren, dass Änderungen vorgenommen werden, die das Buch in eine andere Richtung bringen. Wenn die erste Version fertiggestellt ist und auch lange genug geruht hat, muss sie überarbeitet werden. Unerfahrene Autor*innen wollen vielleicht nur ein paar Rechtschreibfehler korrigieren, und entdecken dann, dass Tag um Tag mit Änderungen ausgefüllt ist. Das ist völlig normal.
Die Überarbeitung hat drei Phasen, die aus praktischen Gründen nie vermischt werden sollten. Zeitlich nehmen sie unterschiedlich viel Raum ein. Eigentlich lässt sich nur bei der dritten Phase voraussagen, wie lange sie ungefähr dauern wird.
Phase 1 ist das Streichen und Auffüttern. Je nach Zielgruppe und Umfang der ersten Version ist mehr das Streichen oder Auffüttern angesagt. Oft halten sich beide die Waage. Aber am Ende sollten die meisten Manuskripte deutlich kürzer und inhaltlich kompakter sein.
Phase 2 ist das Organisieren und Umstrukturieren. Auch bei sorgfältiger Planung kann es notwendig sein, Kapitel zu verschieben. Auf jeden Fall ist es wichtig zu überprüfen, ob Abschnitte und Kapitel optimal aneinander anschließen.
Die Phasen 1 und 2 benötigen nicht nur die meiste Arbeit. Sie haben großen Einfluss auf das Gesamtbild und auf Details des Texts. In ihnen wird die positive Macht der Überarbeitung deutlich.
Phase 3 ist das Korrigieren von Grammatik- und Rechtschreibfehlern. Dieser Arbeitsschritt sollte immer am Ende stehen, da jeder Eingriff in den Text wie in Phase 1 und 2 eine Quelle für Fehler ist.
Die Macht der Überarbeitung in diesem Schritt sollte nicht unterschätzt werden. Wer jemals ein fertiges Buch, das voller Schreibfehler war, gelesen hat, weiß, wie sehr Fehler von den inhaltlichen Qualitäten ablenken können.
Stress bei der Überarbeitung
Der Umfang der Überarbeitungsphasen wirkt sich oft auf das körperliche und seelische Wohlbefinden von Autor*innen aus. Überarbeitung ist Stress. Da die Überarbeitung darin besteht, den Text kritisch zu lesen und zu verändern, gar zu streichen, empfinden viele diese Arbeit als destruktiv. Das ist besonders oft der Fall, wenn die Änderungsvorschläge von Leser*innen oder Lektor*innen kommen. Hinzu kommt, dass es lange nicht absehbar ist, wann die Überarbeitung abgeschlossen sein wird. Eine Änderung macht weitere Änderungen notwendig, die ihrerseits Änderungen verlangen.
Körperliche Reaktionen auf den Stress und die Arbeit am Schreibtisch sind Verspannungen und Kopfschmerzen. Sogar Schluckbeschwerden durch verspannte Muskeln im Hals, aber auch Magenbeschwerden können vorkommen. Wichtig ist in solchen Fällen auf Ausgleich zu achten. Spaziergänge, Lockerungsübungen, Sport können helfen. Schokolade auch.
Wichtig ist auch, eines nicht aus dem Blick zu verlieren: Die Überarbeitung wird eines Tages abgeschlossen sein. Durch die Überarbeitung gewinnt das Manuskript an Qualität. Leser*innen werden es mit größerem Genuss lesen. Daran lässt sich die Macht der Überarbeitung ablesen.