Wie lange dauert das, Autor lernen? Geht man drei Jahre in eine Lehre oder studiert an der Universität? Oder setzt man sich täglich an den Schreibtisch, und hofft, dass die 10.000-Stunden-Regel von Malcolm Gladwell zutrifft? Oder sind andere Faktoren ausschlaggebend? Oder lernt man etwa nie aus?
Autor lernen – Zeit und andere Faktoren
Die Frage, wie man in einem Gebiet wirklich gut wird, beschäftigt viele, natürlich auch Autor*innen. Tröstlich und zugleich ermüdend klang die 10.000-Stunden-Regel, die Malcolm Gladwell 2008 auf der Basis der Ergebnisse einer Forschergruppe um Anders Ericsson aufstellte. Er behauptete, wer in jungen Jahren 10.000 Stunden übte, erreiche Weltklasseniveau. Talent sei nicht bedeutsam. Jeder Mensch kann demnach Hochleistungen erreichen, wenn er oder sie fleißig übt. Ich habe immer daran gezweifelt, dass ich mit 10.000 intensiver Arbeit Hochleistungen in Mathematik erreichen könnte. Sogar ich würde besser werden, aber auf bescheidenem Niveau. Inzwischen ist die 10.000-Stunden-Regel, die sowieso auf einer Fehlinterpretation der Ausgangsdaten beruhte, widerlegt.
Aber das beantwortet nicht die Frage, wie lange es dauert, Autor zu lernen. Oder Komponistin, Geiger, Malerin, Balletttänzer.
Zeit ist ein wichtiger Faktor. Schon 1934 wies Dorothea Brande darauf hin, dass nur durch regelmäßiges Schreiben das Schreiben erlernt und verbessert werden könne.
Persönlichkeitstypen spielen auch eine Rolle. Wer Autor lernen möchte, braucht Kreativität und sollte in der Lage sein, kreative Projekte bis zum Ende durchzuziehen. Perfektionismus, in Maßen, ist ebenfalls notwendig, Intelligenz, aber auch Beharrlichkeit können hilfreich sein. Ein gutes Arbeitsgedächtnis schadet auch nicht, denn wer schreibt, muss Charaktere, Handlungsstränge und Spannungsbögen im Kopf behalten.
Talent, das bei Gladwell keine nennenswerte Rolle spielte, hat einen bedeutenden Einfluss darauf, wie effektiv das Üben sein kann. Es gibt Menschen, die mit deutlich weniger Übungsstunden ein Niveau erreichen, das andere mit einem vielfachen der Zeit nicht erreichen können.
Wie lange also?
Die oben erwähnten Ergebnisse zeigen, dass Autor lernen nicht in einer bestimmten Anzahl an Lehr- oder Lernstunden beschrieben werden kann. Jede Person, die schreiben möchte, bringt ihre individuellen Voraussetzungen mit, sowohl an Talent und inneren Strukturen, als auch an äußeren Umständen. Die Erfahrung zeigt, dass jede*r sich Bereiche aus dem großen Feld des Schreibens heraussuchen muss, die passen. Wer keine Gedichte schreiben kann, verfasst vielleicht wunderbare Romane. Wer eine nüchterne Sprache schreibt, sollte lieber die Finger von romantischen Geschichten lassen.
Es bleibt also immer den angehenden Autor*innen überlassen, sich für den individuell passenden Bereich des Schreibens zu entscheiden und mit Kreativität, Beharrlichkeit und Intelligenz daran zu arbeiten, immer besser zu werden.
Ausgelernt gibt es nicht.