Romane handeln (meistens) von Menschen, und Menschen sprechen miteinander. Im richtigen Leben werden wir verstanden, wenn wir vor uns her und aneinander vorbei plappern. Dialoge schreiben ist dagegen viel schwieriger, weil wir in kurzer Zeit Informationen vermitteln und gleichzeitig die Lust am Lesen erhalten müssen. Die geschriebenen Dialoge sind die durchkomponierte Variante der Gespräche im richtigen Leben. Während des Schreibens fällt es nicht immer leicht zu beachten, dass Gespräche im Roman nur Ähnlichkeiten mit echten Gesprächen haben. Doch bei der Überarbeitung müssen wir immer daran denken. Übrigens sind Dialoge deshalb gute Stellen zum Kürzen.
Unterschiede zwischen Dialoge schreiben und richtige Gespräche führen
Im richtigen Leben haben wir viel mehr Zeit für Gespräche. Wir können um das Thema kreisen, abschweifen, zurückkehren, und trotzdem den Eindruck eines gelungenen Austauschs haben. Beim Schreiben, bzw. beim Überarbeiten des Manuskripts stehen die Bedürfnisse der Lesenden im Mittelpunkt. Die Lesenden halten keine drei Seiten Dialog aus, besonders nicht, wenn sie in dem Dialog nichts Neues erfahren und wenn der Dialog nicht spannend ist. Gespräche im Roman sollten zielgerichtet sein.
Deshalb ist es hilfreich, jeden Dialog anhand einiger Fragen zu überprüfen:
- Warum sprechen die Charaktere?
- Wann und in welcher Situation sprechen sie?
- Worüber sprechen sie?
- Wie (in welchem Sprachstil und in welcher Stimmung) sprechen sie?
- Wie viel sprechen sie?
Reines Wortgeplänkel oder Small Talk dürfen wir streichen, es sei denn, es bleibt kurz und verhilft den Lesenden zu Einsichten, etwa über die Motive eines Charakters. Selbst wenn das gelingt, sollten wir in einer späteren Überarbeitungsphase überlegen, ob der Small Talk nicht gestrichen oder noch stärker verkürzt in einen anderen Dialog integriert werden kann.
Die kritischen Punkte
Wenn wir Dialoge schreiben und bearbeiten, müssen wir darauf achten, dass es für Lesende interessant ist, dem Wortwechsel zu folgen. Sind die Sprechenden der gleichen Meinung und bestärken sich lediglich, ist das langweilig. Unterschiede und Konflikte müssen deutlich werden.
Da die Lesenden die Charaktere nicht sehen können, brauchen sie Anhaltspunkte, wer spricht und was diesen Charakter ausmacht. Jeder Charakter braucht seine eigene Sprache, die seine Herkunft, Bildung oder andere wichtige Aspekte verrät. Die Wortwahl und der Satzbau sind wichtige Anhaltspunkte. Bei der Wortwahl sollten wir es mit Jargon, Modewörtern oder Sprachfehlern nicht übertreiben, damit keine Karikatur entsteht.
Die Beschreibung von begleitenden Gesten eignet sich sehr zum Kürzen. Sie sind ähnlich wie Small Talk ohne Bedeutung und nerven außerdem. Wenn alle Beteiligten sich die Nase kratzen und über den Kopf fahren, verstehen die Lesenden, warum ihre Eltern ihnen diese Gesten aberzogen haben. Ein einziger Charakter darf das einmal in einem Dialog machen. Was ansonsten passiert, ist egal oder muss die Worte effektiv verstärken.
Die einzelnen Beiträge zum Dialog sollten nicht in Monologe ausarten. Das ist besonders dann wichtig, wenn wir viel Hintergrundwissen vermitteln möchten. Unsere Leser*innen sollen nicht einschlafen oder über den Dialog hinweglesen. In solchen Fällen müssen wir sorgfältig auswählen, welche Informationen die Lesenden unbedingt benötigen und was davon sich für einen Dialog eignet. Wenn es um ein komplexes und umfangreiches Thema geht, etwa die Mythologie einer anderen Kultur, mit der sich die Charaktere auseinandersetzen müssen, sollten kleine Informations-Häppchen an verschiedenen Stellen im Text platziert werden.