Wenn wir ein Buch lesen, werden wir immer Urteile fällen. Das beginnt sogar schon vor dem Kauf, schließlich entscheiden wir Leser anhand des Klappentextes und des Covers, vielleicht auch anhand einer Leseprobe, ob uns das Buch gefallen könnte.
Ist das Buch dann unser Eigentum, setzen wir die Beurteilung fort. Ob bewusst oder unbewusst, gibt es zahlreiche Faktoren an einem Buch, an einem E-Book und nicht zuletzt an einem Text, die uns zu urteilen anregen. Diese Faktoren betreffen aber nur Buch, E-Book und Text. Sie sind meistens objektiv belegbar, das heißt, wir können auf eine bestimmte Stelle zeigen und sagen „Das Design der Kapitelüberschriften gefällt mir“ oder „Es gefällt mir, wie der Autor diese Szene einleitet“.
Die Person des Autors, obwohl sie objektiv nicht im Buch vorhanden ist, beurteilen wir auch. Nicht immer, und sicherlich nicht immer bewusst. Oft genug höre oder lese ich Überlegungen wie „Eine Frau, die solche Liebesromane schreibt, ist mit Sicherheit so“ oder „Ein Mann, der solche Krimis schreibt, ist garantiert so„. Leser identifizieren den Autor mit dem Protagonisten, manchmal auch dem Antagonisten, und oft mit dem Erzähler.
Autoren sollten sich dieser Beurteilung bewusst sein. Einerseits können sie diese Beurteilung nutzen. „Autorin X schreibt Liebesromane Note 1“ unterstützt die Markenbildung, bzw. den Wiedererkennungswert. Andererseits besteht die Gefahr der Selbstzensur. Gedanken wie „Meine Leser erwarten Y von mir, also darf ich Z nicht schreiben“ verhindern die Weiterentwicklung, kann sogar dazu führen, dass ein Autor Bücher schreibt, hinter denen er nicht stehen kann.