Tief im Herzen wissen wir genau, was hinter unserer Aufschieberitis steckt: Angst. Die Angst ist diffus, und wir möchten auch gar nicht wissen, warum wir sie empfinden. Angst zu haben ist peinlich, also schieben wir die Angst weit von uns – und das, was wir eigentlich tun wollten, auch. Damit legen wir uns einen schönen Stolperstein direkt vor die Füße, so dass wir ihn gar nicht verfehlen können.
Nach meiner Erfahrung stellen Menschen, die Dinge gerne aufschieben, fest, dass sich die Welt tatsächlich gegen sie verschworen hat. Wenn sie endlich dazu kommen, den wichtigen Anruf zu tätigen, ist entweder das Amt für das Wochenende geschlossen oder der Akku ihres Telefons ist leer. Wenn sie endlich dazu kommen, den Roman des Jahrhunderts zu schreiben, kommt die Nachbarin zu Besuch. Es erscheint wie verhext. Und die Mitmenschen haben meistens wenig Verständnis, obwohl sie die widrigen Umstände sehen.
Was schieben Sie auf? Und warum? Bestimmt haben Sie gute Gründe für Ihr Unterlassen. Genau diese Gründe sind Teil des Problems. In vielen Fällen sind sie Ausreden, warum Sie jetzt nicht handeln können. Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Der Kündigungstermin für den Stromanbieter ist überschritten, ein Jahr lang müssen Sie sich keine Gedanken mehr machen. Die Idee für den Roman des Jahrhunderts gerät in Vergessenheit, Sie brauchen Ihre Schreibfähigkeiten nicht unter Beweis zu stellen.
Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die behaupten, sie brauchten den Stress, wenn sie in letzter Sekunde ins Bürgeramt hetzen oder die E-Mail mit der Hausarbeit am Abgabetag um 23:59:59 Uhr abschicken. Dieser Stress kann aber auch dazu führen, dass Sie nicht am Tag nach der Abgabe mit einer Erkältung zusammenbrechen, sondern schon am Tag vorher.
Sie können Ihre Aufschieberitis überwinden. Das kostet Kraft, denn Sie müssen der Angst hinter der Aufschieberitis auf die Spur kommen. Es nützt wenig, einen Terminkalender anzuschaffen oder Zeitmanagementseminare zu besuchen, wenn Sie sich nicht Ihrem persönlichen Grund für das Aufschieben stellen.