Der erste Satz: ganz einfach

der erste Satz

Welche Aufgaben hat der erste Satz einer Geschichte? Er soll die Leser neugierig machen und veranlassen, die Geschichte weiterzulesen. Damit lastet ziemlich viel Verantwortung auf den ersten Worten. Zum Glück gibt es zwei erste Sätze. Nur einen davon kennen die Leser.

Der erste Satz – die Sogwirkung

Auf dem ersten Satz lastet viel Verantwortung. Er soll Leser neugierig machen und in die Geschichte ziehen. Dazu sollte er einfach und leicht lesbar sein. Leicht lesbar heißt aber nicht, dass dieser erste Satz ein kurzer Hauptsatz sein muss. Das kann er sein, doch Sogwirkung erreicht ein so kurzer Satz selten. Sogwirkung entsteht, wenn der Satz Leser in die Handlung katapultiert und gleichzeitig etwas über die Stimmung aussagt. In der deutschen Sprache ist der erste Satz darum oft ein Hauptsatz mit einem Nebensatz, trotzdem kurz und prägnant.

Der erste Satz – die Arbeit daran

Der erste Satz ist jedoch auch für Autoren wichtig. Mit dem ersten Satz tauchen sie in das Schreiben der Geschichte ein. Der erste Satz, der Autoren in die Geschichte zieht, wird wahrscheinlich nicht der erste Satz der fertigen Geschichte sein. Von daher darf er ungeschliffen sein, ruhig auch kompliziert und umständlich. Wichtig ist, dass er im Kopf der Autoren die Geschichte freigibt.

Der erste Satz ist vermutlich der Satz, der über alle Manuskripte betrachtet am meisten umgeschrieben wird. Wenn er seine Aufgabe erfüllt und die Autoren in die Geschichte gezogen hat, liegt nach mehreren Wochen oder Monaten ein roher erster Entwurf vor. Bei der weiteren Bearbeitung nehmen Autoren eine andere Haltung zum Text ein als während des Schreibens. Bei der Überarbeitung lesen sie den Text kritisch wie eine Lektorin und gleichzeitig versuchen sie, wie ein Leser zu lesen. Das ist eine schwierige Aufgabe, denn Leser begegnen einem Text viel unbefangener.

Leser haben Erwartungen an den Text, die durch Titel, Klappentext, Coverbild und eventuell frühere Texte von denselben Autoren entstanden sind. Diese Erwartungen bringen sie mit zu dem ersten Satz, aber im Allgemeinen sind sie offen für das, was der erste Satz ihnen eröffnet. Sie möchten den ersten Satz verstehen können. Daher sollte er einfach sein, sie aber nicht unterfordern.

Für Autoren bedeuten diese Erwartungen, dass sie mehrere erste Sätze an Testlesern ausprobieren sollten. Für die Leser des veröffentlichten Buches wird einer dieser Sätze das magische Tor zum Text.

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