Wieken-Verlag Autorenservice Roman,Schreiben,Schreibwerkstatt Die Vorgeschichte ausgraben – relevant oder unnötig?

Die Vorgeschichte ausgraben – relevant oder unnötig?

Vorgeschichte

Zu den Vorbereitungen eines Romans zählen Überlegungen zu den Charakteren. Neben ihrem Aussehen, ihrem Charakter und ihren Zielen spielt unter anderem ihre Vorgeschichte eine Rolle. Wie viel dieser Vorgeschichte gehört später in die Handlung des Romans? Wozu sind Überlegungen zur Vorgeschichte überhaupt notwendig, wenn nichts oder nur wenig davon in den Roman aufgenommen wird?

Vorgeschichte – Zweck und Einschränkung

Informationen über die Vorgeschichte der Charaktere hilft den Leser*innen zu verstehen, warum sich ein Charakter in einer gegebenen Situation auf eine bestimmte Weise gibt. Das kann für sie interessant sein, nettes Beiwerk oder überflüssige Information. Autor*innen haben es in der Hand zu steuern, wie Leser*innen die Hintergrundinformationen zu einem Charakter lesen.

Dazu müssen sie jedoch selbst wissen, welche Funktion die jeweilige Vorgeschichte hat. Nur dann können sie entscheiden, was Leser*innen wissen sollten, was sie vielleicht noch wissen möchten und was zu viel ist. Um zu entscheiden, ob die Vorgeschichte und Informationen dazu für die Leser*innen relevant sind, sollten Autor*innen immer fragen, welchen Wert die Information hat. Bringt sie die Handlung weiter? Gibt sie den Leser*innen Einblicke, die ihnen helfen, das Handeln eines Charakters besser zu verstehen?

Was bringt die Handlung weiter?

Nehmen wir an, die Protagonistin hat eine Nahrungsmittelunverträglichkeit. Nimmt sie Milchprodukte zu sich, bekommt sie Blähungen und Durchfall. In ihrer Kindheit und Jugend hat sie sehr unter den Symptomen gelitten, bis die Unverträglichkeit festgestellt wurde und sie ihre Ernährung entsprechen umstellen konnte. Vielleicht konzentriert sich sie als Folge des Leidens sehr auf ihre Befindlichkeit. Das könnte sie zu einem egozentrischen Menschen machen, der die Probleme anderer nicht wahrnimmt oder nicht für relevant hält. Das bietet Raum für Spannungen in persönlichen Beziehungen. Möglicherweise beobachtet diese Protagonistin nicht nur sich selbst aufmerksam, sondern auch ihre Mitmenschen. Mit ihren Beobachtungen kann sie andere Charaktere unterstützen oder manipulieren.

Auch wenn diese Erkenntnisse für Leser*innen interessant sind, benötigen sie sie eigentlich nicht. Erst wenn die Nahrungsmittelunverträglichkeit selbst oder ihre Folgen für die Protagonistin eine Funktion in der Handlung bekommen, benötigen sie ihr Wissen über die Vorgeschichte. Auf einer Hochzeit ist die Sahne der Hochzeitstorte vergiftet. Alle Gäste und das Brautpaar winden sich auf dem Boden, nur die Protagonistin, die schlichten Marmorkuchen gegessen hat, ist in der Polizei Hinweise auf die Diebe, die den Schmuck der Gäste und die Hochzeitsgeschenke gestohlen haben, zu geben.

Oder die Nahrungsunverträglichkeit droht Auswirkungen auf das Liebesleben der Protagonistin zu nehmen, als sie sich in einen Konditor verliebt. Der träumt davon, Torten zu entwerfen, die Geschichte schreiben. Für ihn ist es nur naheliegend, die Protagonistin mit Sahnetorte zu locken. Doch dieser Versuchung darf sie nicht nachgeben. Kann sie unter diesen Umständen ihm nachgeben?

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