So wie wir manchmal durch Zufall eine durch und durch interessante Person treffen, so kann uns ein Charakter in den Kopf kommen und nicht mehr fortgehen. Dieser Charakter geistert dann durch unsere Tagträume, und wir wissen genau, dass wir diesen ungebetenen Gast nur loswerden, wenn wir eine Handlung für den Charakter finden.
Was weiß ich schon und was brauche ich noch?
Alle Autor*innen haben ihre eigene Methode, Handlung und Charaktere zu entwickeln. Glücklicherweise kommt es selten vor, dass ein Charakter völlig bindungslos im Kopf erscheint. (Bei mir ist es jedenfalls so, und ich bin froh darüber.) Aber wenn das geschieht und es so erscheint, dass dieser Charakter in eine Handlung integriert werden kann, ist es nach meiner Erfahrung notwendig, eine Bestandsaufnahme zu machen. Dazu sollten Sie alles aufschreiben, was Sie über den Charakter wissen und nach allen fragen, was Sie nicht wissen. Sollte sich zeigen, dass Sie mit dem Charakter auch Informationen empfangen haben, ist es sehr viel einfacher, eine Handlung oder wenigstens einen Handlungsstrang für den Charakter zu entwickeln.
Eine Handlung für den Charakter finden — ein Bild in einen Film setzen
Neben all den Informationen, die Sie bereits über den Charakter besitzen, sind die Fragen nach den Leerstellen Ihr wichtigstes Werkzeug. Versuchen Sie zu klären, welche Umgebungen zu dem Charakter passen und in welchen Umgebungen er sich unwohl fühlt, weil er dort nicht hingehört. Wie ist diese Person an den Ort geraten, an den sie nicht gehört und auch nicht passt? Versuchen Sie Abstand zu dem Bild des Charakters zu gewinnen. Treten Sie zurück, sodass Sie die Umgebung sehen können. Vielleicht sehen Sie in dieser Umgebung andere Charaktere. Vielleicht sehen Sie nur schattenhaft, wie etwas passiert. Versuchen Sie, diese anderen Charaktere und Ereignisse klarer herauszuarbeiten. Spielen Sie in Ruhe diese Situation wieder und wieder durch. Es gibt keine Garantie, dass Sie dabei etwas finden, mit dem Sie weiterarbeiten können. Aber je länger Sie versuchen, den Charakter in verschiedenen Kontexten auszuprobieren, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich Begleitpersonen oder der Ansatz einer Szene herauskristallisieren.