Gerade bereite ich ein neues Buchprojekt vor.
Aus gegebenem Anlass behandelt die Schreibwerkstatt heute einen wichtigen Schritt in der Herstellung eines Manuskripts: die finale Korrektur.
Vor der Produktion: die letzten Fehlerteufel austreiben
Irgendwann muss man sich durchringen und einen Text als „fertig“ bezeichnen. Ich gebe zu, dass es schwer fallen kann, diesen Punkt zu erreichen.
Wenn ein Text an die Agentin, an den Verlag, an die Lektorin, in die Produktion gegeben werden soll, muss es jedoch eine abgabereife Version geben.
Bevor ein Manuskript in die Produktionsphase geht, wird es ein letztes Mal durchgesehen. Alle inhaltlichen, strukturellen und sprachlichen Änderungen sind zu diesem Zeitpunkt eingearbeitet. Nun geht es ausschließlich um Rechtschreibung und Zeichensetzung.
Ausschließlich?
Ein anderes Lesen
Das größte Problem ist meistens, dass der Text schon so bekannt ist. Intuitiv vervollständigen wir beim stillen Lesen Sätze, in denen ein Wort fehlt, übergehen vertauschte Buchstaben, wenn das Wortbild erkannt wird. Alles das, was wir uns als erwachsene Leser angewöhnt haben, um schnell herauszufinden, worum es in Texten geht und mithilfe dieses Wissens die Wörter zu erkennen, lädt Fehler ein.
Wir müssen zurückkehren auf die Stufe der Erstklässler. Leseanfänger erlesen ein Wort Buchstabe für Buchstabe. Der Sinn des Gelesenen spielt auf diesem Niveau noch keine Rolle.
So ist es bei der finalen Korrektur. Buchstabe für Buchstabe, Satzzeichen für Satzzeichen lesen wir den gesamten Text. Bedeutung und Sinn interessieren hier nicht. Um den Sinn des Geschriebenen haben wir uns in früheren Durchgängen gekümmert und bis zuletzt Fehler produziert. Die suchen wir nun.
Die Schwierigkeit für den erwachsenen Leser besteht als darin, die Konzentration auf die reine Zeichenebene zu beschränken. Idealerweise würde diesen Arbeitsgang eine Person übernehmen, die den Text nicht kennt. Große Verlagshäuser beschäftigen speziell trainierte Lektoren oder geben das Manuskript außer Haus. Kleine Verlage und Selbstverleger verfügen nicht über diesen Luxus.
Den geschulten Leser austricksen
Wer die finale Korrektur vor der Abgabe oder vor der Produktion durchführt, tut gut daran, sich eines ganz klar und immer wieder zu sagen:
„Es geht um Buchstaben, es geht um Satzzeichen!“
Also sind alle Techniken erlaubt, die uns zwingen, auf die Zeichen zu achten. Möglich sind diese:
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Die Schriftgröße radikal verändern. Sehr große und sehr kleine Schriftgrößen irritieren uns und zwingen zu genauem Hinsehen.
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Die Hintergrundfarbe ändern. Schwarz auf Rot liest sich sehr schwer, Gelb auf Violett ebenfalls. Was den Lesegenuss stört, ist für diesen Zweck jedoch ideal – das Auge zögert und guckt zweimal.
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Die Schriftfarbe ändern. Hier gilt das Gleiche wie oben. Eine Sehgewohnheit wird durchbrochen, man muss genauer hinsehen.
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Die Zeilenbreite verringern. Schmale Zeilen enthalten weniger Wörter. So fällt das einzelne Wort mehr auf.
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Rückwärts lesen. Beginnen Sie mit dem letzten Wort auf der letzten Seite. So verlieren die Wörter ihren Sinnzusammenhang, die Konzentration des Lesers liegt auf der Zeichenebene.
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Laut lesen. Das stille Lesen lädt zu Oberflächlichkeit ein. Beim lauten Lesen, auch der Satzzeichen, fallen Fehler sehr viel schneller auf. Aus „Mach die Tür mal zu“, sagte sie. wird Anführungsstriche oben Mach die Tür mal zu Anführungsstriche unten Komma sagte sie Punkt.
Variieren Sie verschiedene Techniken und überlegen Sie, ob es für Sie noch andere Techniken gibt. Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Techniken hier vorstellten.