„Man“ spricht über Bücher
Bücher sind seit einiger Zeit so oft in aller Munde wie selten vorher. Eine Diskussion zieht sich durch Radio, Fernsehen, Zeitungen, Blogs und Foren, sie wird leidenschaftlich geführt, mit vielen klugen und einigen unpassenden Argumenten.
Vor nicht so vielen Jahren bedeutete ein Gespräch über Bücher ein Gespräch über Inhalte. Worum geht es in einem Buch? Was war ist das Thema, wie entwickeln sich die Charaktere, wie wird das Milieu dargestellt? Welche Fragen werfen die Bücher auf? Welche Antworten geben sie?
Worüber die Welt spricht
Heute geht es um das Erscheinungbild der Bücher, das Gewand oder Medium, in dem der Inhalt übermittelt wird. Man fragt, ob sie auf Papier gedruckt sind oder digitalisiert auf ein elektronische Lesegerät übertragen wurden.
Der Inhalt der Bücher, die Geschichte oder das Sachproblem, degenerierte in dieser Dikussion zu einer Detailfrage. Mit dem Anglizismus Content geriet er in den Bereich des Marketings und Webdesigns.
Eine ähnliche Diskussion flammte auch früher hin und wieder auf. War das Taschenbuch wirklich der Untergang der Literatur? Bisher sieht es nicht so aus, daher wird die Frage an das E-Book weitergegeben. Ist das E-Book (endlich) das Ende der Literatur?
Bücher sind Transportmittel für Geschichten oder Sachverhalte. Für den Leser sind die Geschichten und Sachverhalte relevant.
Was tun Bücher?
Papier fühlt sich manchmal wunderbar an, hat seinen eigenen Geruch, kann mit den Fingern gefühlt werden. Die Gestaltung der Umschläge kann das Auge erfreuen. Doch zu oft sind Bücher in der Vergangenheit zu eine Massenware verkommen, wurden in Plastikfolie verschweißt oder auf so billigem Papier gedruckt, dass es im Geschäft schon muffig roch. Das Geruchscocktail von Papier, Leim und Druckerfarbe hat mir persönlich den Genuss so manchen Fachbuchs verleidet. Wirklich wasserfest sind nur einige Bücher für Kleinkinder.
Bücher sind Transportmittel für Gefühle und Fakten. Manche sind vom Inhalt her geradezu für das Lesen in der Badewanne prädestiniert, andere wollen unbedingt mit gebeugtem Rücken und aufgestütztem Ellenbogen am Schreibtisch gelesen werden. Manche fühlen sich mit zahlreichen kiloschweren Bänden nur in Bibliotheken wohl. Aber alle Bücher transportieren Träume und Ideen in die Köpfe der Leser.
Ein E-Reader ist klein. Er riecht nicht sonderlich auffällig, wenn er neu ist. Später nimmt er wahrscheinlich wie jedes Gerät ein wenig den Umgebungsduft seines Besitzers an. Bestimmt ändert sich seine Oberfläche eines Tages, wenn die Finger genügend Fettflecken darauf verteilt haben. Die kann man abwischen, also besser verteilen, aber in der Badewanne ist der E-Reader nur den spritzfreisten Lesern zu empfehlen.
Als die handkopierten Folianten plötzlich von gedruckten Büchern Konkurrenz bekamen, werden sich mache beklagt haben, dass das Leseerlebnis der gedruckten Bücher weniger inspirierend sei, fehle doch die meditative Sorgfalt des kopierenden Mönches. Der Schritt von Wachstafel zu Pergament mag auch als das Ende der Kultur beklagt worden sein.
Bücher geben Inhalte weiter, gleichgültig ob auf dickem, dünnen oder nur scheinenden Papier. Leser dürfen wählen, wie sie die Inhalte lesen möchten. Wichtig ist nur, dass gelesen wird. Nur dann können Inhalte über Träume und Wissen verbreitet werden.
Wie lesen Sie und wo tun Sie es am liebsten/am häufigsten? Was ist für Sie an einem Buch wichtig?