Schreibwerkstatt: Was können Autoren beim Lesen lernen?

Autoren schreiben, Schriftsteller schreiben. Das weiß jeder, es ist der Kern dieses Berufs.

Wie gelingt es, Wörter in einen Text zu zwingen, notfalls tausende Wörter, und diesen Text aufzuschreiben, damit andere Menschen ihn lesen können? Diese Frage stellen sich auch Autoren mit jedem Projekt erneut.

Das Schreiben spielt in der Schreibwerkstatt eine große Rolle. Es mag deshalb etwas überraschen, wenn ich heute sage, wer schreiben will, muss lesen. Alle Menschen, die lesen, lernen gleichzeitig, wie man Wörter, Sätze, ganze Texte behandelt. Für viele Leser bleibt dieses Wissen unbewusst. In der Schule werden Texte analysiert, dabei kann mit etwas Glück das Wissen konkreter werden.

Autoren müssen wissen, wie sie lesen und was sie lesen. Für sie ist die Tätigkeit Erholung und Fortbildungsveranstaltung in einem.


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In der Schule lernt man die W-Fragen, mit denen man sich einen Text erschließen kann, beziehungsweise die ein selbstverfasster Text beantworten soll:

Wer sagt was wem wann auf welche Weise?

Für eine grobe Textanalyse reichen diese W-Fragen vollkommen aus. Der Blickwinkel eines Menschen, der selbst schreibt, ist beim Lesen jedoch etwas anders. Das erste Lesen eines Texts wirft Fragen auf. Beispielsweise bei einem Krimi: An welcher Stelle wusste ich, wer der Täter war? Antworten findet man nur beim Lesen. Der Autor wird das Buch des Kollegen noch einmal lesen, die Augen offen für die Hinweise auf den Täter, die falschen Fährten, die im Text versteckten Indizien, die verschleiernde oder betonende Wortwahl.

Andere Fragen gelten vielleicht der Perspektive. Durch erneutes Lesen wird geprüft, ob die Perspektive immer eingehalten wurde, wann sie durchbrochen wurde und mit welchem Effekt.

Wenn ein Buch Sie fasziniert hat, lesen Sie es noch einmal. Überlegen Sie sich vorher, was Ihnen so gut gefallen hat oder worüber Sie sich  geärgert haben. Stellen Sie dem Buch Fragen. Lesen Sie es und vergessen Sie Ihre Fragen dabei nicht. Die Antworten werden sich nach und nach zeigen, deshalb lesen Sie interessante Bücher immer wieder einmal. Werden Sie ein literarisches Eichhörnchen.

Autoren sind Sammler. Wenn sie lesen, sammeln sie neue Wörter, Beschreibungen, Ideen. Im Lesen finden sie Beispiele für den Textaufbau. Sie bewerten das Gelesene, fragen sich, ob sie auch so schreiben können oder wollen, finden Inspiration.

Autoren lesen anders als normale Leser. Sie lesen die Geschichte, zugleich untersucht ein innerer Radar den Text auf seine Struktur. Deshalb lesen Autoren manche Texte immer wieder. Sie entdecken, was der theoriebeladene Literaturprofessor nur mühsam entziffert, was der eilige Rezensent nicht einmal zu suchen wagt. Das kann den Lesegenuss einschränken. Aber Autoren betrachten Bücher als alte Freunde, die auch einmal einen ruppigeren Umgang vertragen.

Eines sollte man niemals suchen, doch diese Weisheit gilt für alle Bereiche: Patentrezepte.

Wie lernt ein Autor sein Handwerk? Wie haben Sie ihr Handwerk gelernt? Was sind Ihr Techniken beim Lesen?

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